Großrazzia in der märkischen Neonazi-Szene

Erstveröffentlicht: 
12.04.2011

20 Wohnungen in Berlin und Brandenburg durchsucht

POTSDAM - „Seit heute morgen, sechs Uhr wird das Vereinsverbot durchgesetzt“, verkündete der Sprecher des Justizministeriums in Potsdam gestern voller Stolz zu Beginn einer eilig einberufenen Pressekonferenz. „Dies ist ein schlechter Tag für Neonazis in Brandenburg.“

Nur wenige Stunden zuvor waren 175 Polizisten ausgerückt, um die Wohnungen von 20 Personen zu durchsuchen, die dem Führungszirkel der rechtsextremistischen Vereinigung „Freie Kräfte Teltow-Fläming“ angehören sollen. In Zossen, Blankenfelde-Mahlow, Luckenwalde, aber auch in Berlin schlugen die Beamten zu und fanden Propagandamaterial, Fahnen mit NS-Symbolen, Schlagringe, Schreckschusspistolen und Kampfmesser. Zudem beschlagnahmten sie Computer, Mobiltelefone sowie die Vereinskasse, in der sich rund 700 Euro befanden.

 

Innenminister Dietmar Woidke (SPD), der kurz vor der Razzia das Verbot gegen die verfassungsfeindliche Organisation ausgesprochen hatte, wertete die Aktion als großen Erfolg und als „ein wichtiges Signal für die Zivilgesellschaft“. Die „Freien Kräfte Teltow-Fläming“ hätten in den vergangenen Jahren eine große Dynamik innerhalb der rechten Szene Brandenburgs entwickelt. „Der Verein propagiert einen völkischen Kollektivismus im Sinne des Dritten Reichs und macht die demokratische Staatsform verächtlich“, so der Minister. Außerdem hätten Mitglieder in mehreren Fällen Straftaten wie Sachbeschädigung, Beleidigung und Körperverletzung begangen. Aufgrund dieser Fakten habe das Innenministerium ein Verbotsverfahren veranlasst.

 

Der märkische Verfassungsschutz geht von etwa 50 Mitgliedern aus, die im Verein lose organisiert sind – zumeist Männer von 19 bis 25 Jahren. Zu ihren Aktivitäten zählen Demonstrationen und sogenannte Mahnwachen, aber auch die Konfrontation mit dem politischen Gegner. So brannte im Vorjahr das „Haus der Demokratie“ in Zossen nach einem Anschlag nieder. Mindestens ein Täter soll Kontakte zum jetzt verbotenen Verein gehabt haben.

 

„Damit muss endlich Schluss sein“, sagte Woidke und wies darauf hin, dass das Verbot auch für mögliche Nachfolge- und Ersatzorganisationen gilt. Wer sich nicht daran halte, dem drohe eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. In ähnlichen Fällen habe dies stets seine Wirkung gezeigt, so der Politiker.

 

Die „Freien Kräfte Teltow-Fläming“ sind der sechste rechtsextremistische Verein, der in Brandenburg verboten worden ist. Die hiesige Neonazi-Szene wird auf derzeit rund 380 Personen geschätzt. (Von Alexander Pitz)