Kämpfe gegen die Abschiebemaschinerie und Repression

Week of Solidarity

In Paris findet vom 20. bis 27. Februar 2011 eine Aktions- und Solidaritätswoche gegen die Repression statt. Anlass ist die erneute Inhaftierung mehrer Personen, die an Kämpfen gegen Abschiebungen und Abschiebeknäste beteiligt sind. Der  folgende Text greift den Verlauf der Repression in den letzten drei Jahren auf und lädt zu Austausch und Solidarität ein.

 

Die Verwaltung der Migrationsbewegungen ist eine Priorität der Regierenden. Im Kontext eines insgesamt härter werdenen sozialen Klimas geht es vor allem darum, sich die den Bedürfnissen der Wirtschaft entsprechenden Arbeitskräfte genaustens auszusuchen. Dieses Ausleseverfahren erfordert auch das Einsperren von unerwünschten Personen, scharfe Kontrollen an den Grenzen und auf den Straßen, die Verknappung von Visa und ein verstärktes Vogehen gegen diejenigen, die auf die eine oder andere Art und Weise gegen die Kontrolle der Migrationsbewegungen kämpfen. Seit einigen Jahren legen Polzeikräfte verstärkt Dateien über Menschen an, die gegen Abschiebeknäste, Straßenrazzien und gegen die Abschiebemaschinerie im Allgemeinen kämpfen. Die Innenminister der europäischen Union treffen sich immer häufiger, um noch intensiver das zu bekämpfen, das ihrer Einschätzung nach eine Gefahr darstellt: "die illegale Einwanderung und der Terrorismus". Gleichzeitig werden die Kämpfe in Solidarität mit den Sans-Papiers in polizeiliche Kategorien einsortiert, wie zum Beispiel in die der "kriminellen Vereinigungen", der "organisierten Bande" oder auch der "anarcho-autonomen Strömung", von der eine terroristische Gefährdung ausgehe. Diese Kategorien konstruieren ein Feindbild, das je nach Bedarf einsetzbar ist, egal ob es sich um den "Fremden" oder den "Feind im Inneren" handelt.

Im Juni 2008 ist in Paris der Abschiebeknast von Vincennes nach monatelangen Kämpfen (Hungerstreiks, Revolten...) abgebrannt. Der Prozess gegen die zehn der Brandstiftung beschuldigten Sans-Papiers fand im Januar 2010 statt. Parallel zum Prozess kam es zu zahlreichen sich solidarisch auf die Angeklagten beziehenden Aktionen gegen Unternehmen, die an Abschiebungen beteiligt sind: Wandmalereien, Diskussionsveranstaltungen, Transparente, Demos, Sabotageaktionen und Besetzungen fanden zwischen Dezember 2009 und Juni 2010 in mehreren Städten statt. Der Staat versuchte, die Solidarität zu brechen und führte im letzten Jahr ein gutes dutzend an Hausdurchsuchungen durch und leitete rund zehn Ermittlungsverfahren ein.

Schon im Januar 2008 wurden drei Personen festgenommen, als sie sich zu einer Demo vor dem Abschiebeknast von Vincennes begaben. Zwei von ihnen wurden wegen des Mitführens von Rauchpulver und verbogenen Nägeln in Untersuchungshaft genommen. Nach mehr als vier Monaten Haft entzogen sie sich den richterlich angeordneten Meldeauflagen, dieser juristischen Maßnahme mit dem Ziel, Bindungen zu zerstören, Betroffene zu isolieren und sie in der freien Verfügung der Justiz zu halten. Im vergangenen Dezember wird eine von ihnen in der Pariser Metro erneut festgenommen und mit der Beschuldigung der Mitgliedschaft in einer "kriminellen Vereinigung mit terroristischen Zielen" inhaftiert. In den letzten Wochen wurden außerdem mehrere Personen für Wandmalereien mit den Aufständen im Maghreb festgenommen: "Algerien, Tunesien: Aufstand, es lebe die Anarchie!". Zwei von ihnen werden beschuldigt, an Solidaritätsaktionen für die Angeklagten von Vincennes teilgenommen zu haben, und befinden sich weiterhin in Untersuchungshaft.  

Diese spezifische Repression ist Teil eines allgemeinen Kontextes von verstärkter sozialer Kontrolle: polizeiliche Besetzung ganzer Stadtviertel, Kameraüberwachung, Datenspeicherung, Repression gegen Streikende, Verabschiedung immer neuer Gesetze zur Inneren Sicherheit, Verwahrung ganzer Bevölkerungsgruppen in Gefängnissen oder psychatrischen Anstalten. Sie ist auch Teil der Verschlechterung der Lebensbedingungen. In Spanien, in Griechenland und in Frankreich beispielsweise ist es für breite Bevölkerungsschichten immer schwieriger, über die Runden zu kommen, und schon die Hoffnung, den Kopf über Wasser zu halten, wird rissig. Unweit von hier sind die Menschen gegen die unerträglichen Lebensbedingungen auf den Straßen: in Algerien kommt es immer wieder zu Aufruhren; in Tunesien und in Ägypten ist der Ausgang der massiven Aufstände noch ungewiss. Die Flammen einer solche Revolte sind ansteckend! Darauf antwortet man uns: der einzige mögliche Ausgang dieser Revolten ist der Aufbau einer Demokratie. Kein Wort über ein Ende der Ausbeutung in der Bergbau-, Hafen- oder Tourismusindustrie. Das Regierungssystem wird ausgewechselt und alles geht weiter wie bisher. Denn wie könnten sie Ausbeutung und die Herrschaft ohne Staat weitergehen?

Wir rufen zu einer Solidaritätswoche auf, um über die hier angeschnittenen Fragen zu diskutieren. Diese Woche soll eine kollektive Antwort auf die Repression sein, ein Mittel, um die Isolation zu brechen, in der der Staat uns halten möchte. Wir rufen dazu auf, unsere verschiedenen Perspektiven auf die Repression und auf die Kämpfe, die sie ersticken will, zusammenzubringen. Diese Einladung ist nur eine von vielen kollektiven und kontinuierlichen Antworten auf die neuen repressiven Strategien. Wir wollen, dass sie sich in der Bevölkerung, in anderen Städten und Ländern verbreitet. Überall da, wo permanent Unterdrückung erlitten wird. Damit die Repression sich nicht in der Einsamkeit unserer vereinzelten Leben breitmachen kann.

 

Das Programm für Paris der Aktions- und Solidaritätswoche auf englisch und französich findet sich unter:

 

Plakat und Flyer auf französich im pdf:
http://paris.indymedia.org/IMG/pdf/sslaffiche.pdf
https://paris.indymedia.org/IMG/pdf/ssl.pdf

Flyer und Plakat auf englisch:
https://paris.indymedia.org/IMG/pdf/ssl-english.pdf
https://paris.indymedia.org/IMG/pdf/sslaffiche-english.pdf

Kontakt: semainedesolidarite [at] gmail [point] com