Schwerer Rückschlag für CCS-Befürworter

Erstveröffentlicht: 
17.01.2011

Studie: Kanadisches Vorzeigeprojekt der Kohlendioxid-Speicherung leckt – und vergiftet die Umwelt

In einem der weltweit wichtigsten Projekte zur unterirdische Kohlendioxid-Speicherung (CCS) gibt es offenbar ein massives Problem: Entweichendes CO2 ist laut einer Studie die Ursache sprudelnden Grundwassers, ungewöhnlicher Algenbildung und für den Tod von Tieren. Dies würde die Befürchtungen von CCS-Gegnern auch in Brandenburg bestätigen.

 

Im Weyburn-Ölfeld der Firma Cenovus in der kanadischen Provinz Saskatchewan wird seit zehn Jahren klimaschädliches Kohlendioxid in den Boden gepumpt – zum einen, um die Ausbeute bei der Ölförderung zu erhöhen, zum anderen, um große Mengen des Treibhausgases nicht in die Atmosphäre gelangen zu lassen. Durch die CCS-Technologie zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid werde die Verbrennung fossiler Rohstoffe klimafreundlicher, beteuert vor allem die Kohle- und Erdölindustrie. Das Ganze macht aber nur dann Sinn, wenn die unterirdischen Speicher dauerhaft dicht sind und CO2 nicht entweichen kann. Schon bei geringen Lecks schädigt CCS also das Klima.


Genau das scheint in Kanada zu passieren. Das nahe des Weyburn-Ölfeldes lebende Farmerehepaar Cameron und Jane Kerr berichtet, dass ihnen bereits im Jahr 2005 ein ungewöhnlich hohes Algenwachstum aufgefallen war. Seither finden sie regelmäßig tote Tiere – Katzen, Ziegen, Hasen. Es habe Explosionen gegeben, bei denen Grundwasser aus der Erde sprudelte. Nun glaubt der Wissenschaftler Paul Lafleur von der Consulting-Firma Petro-Find Geochem, die Ursache für die Vorfälle festgestellt zu haben: Der Boden weise eine ungewöhnlich hohe Kohlendioxid-Konzentration auf, das wegen seiner Isotopenzusammensetzung nur aus dem nahegelegenen Ölfeld stammen könne. Der Energieminister der Provinz Saskatchewan, Bill Boyd, erklärte, man wolle die Vorfälle untersuchen. Ein Stopp des Projekts komme aber nicht in Frage.

 

Kanada will die CCS-Technologie vor allem deshalb vorantreiben, weil man damit erhofft, die aufwendige Gewinnung von Öl aus Teersand klimafreundlicher gestalten zu können. Durch den energieintensiven Aufbereitungsprozess entstehen beim Teersand-Abbau etwa fünf Mal so viel Treibhausgase wie bei konventioneller Ölförderung. Auch die Firma Cenovus ist am Teersand-Abbau beteiligt.

 

Das Kohlendioxid in Weyburn stammt aus einer Anlage zur Kohlevergasung im US-Bundesstaat North Dakota. Bei diesem extrem klimaschädlichen Prozess wird Braunkohle zu Methan verarbeitet, das ins Gasnetz eingespeist wird. Doch die Dakota Gasification Company preist das Gas als sauberen Energie an – da etwa die Hälfte des entstehenden Kohlendioxids über eine Pipeline nach Weyburn transportiert und dort eingelagert wird.

 

Die in Kanada angewandte Enhanced-Oil-Recovery-Methode gilt als Vorreiter unter den CCS-Technologien – sie ist die einzige, die bereits in größerem Maßstab eingesetzt wird. Auch in Deutschland ist die CO2-Speicherung, allerdings nicht in alten Ölfeldern, ein heiß diskutiertes Thema. Im Oderbruch in Brandenburg will Vattenfall in den kommenden Jahren Abgase aus seinen Kohlekraftwerken in geeigneten Gesteinsformationen, so genannten salinen Aquiferen, einlagern. Doch bisher fehlt ein Gesetzeswerk – das CCS-Gesetz wurde wegen Bürgerprotesten in Brandenburg und Schleswig-Holstein immer wieder verschoben. Bürgerinitiativen befürchten, dass ein plötzlicher CO2-Austritt zu einer Gefahr für Menschen und Tiere werden könnte.