Rechtsextremismus : Razzia in der Nazi-Szene wegen Volksverhetzung

Razzia an der Rheinischen Straße. Fotos: Marcus Simaitis
Erstveröffentlicht: 
26.11.2010

Dortmund. Umfangreiches Beweismaterial haben Polizei und Staatsanwaltschaft bei einer Razzia in der rechtsextremen Szene sichergestellt. Am Mittwochabend um 19.30 Uhr haben die Behörden zeitgleich die Räume eines Internethandels an der Rheinischen Straße sowie Privatwohnungen und Lagerräume an der Thusnelda- und Holtestraße durchsucht.

 

„Wir hatten Hinweise erhalten, dass dort Musik-CDs mit volksverhetzenden Inhalten vertreiben werden sollen“, erklärte gestern Staatsanwalt Henner Kruse, Sprecher der hiesigen Staatsanwaltschaft. Um welches Material es sich handelt, wollten die Behörden nicht sagen. Nach Informationen unserer Zeitung richten sich die Ermittlungen gegen den Betreiber des Internethandels, Dennis G. Man habe, so Henner Kruse, zahlreiche Computer sowie Datenträger der unterschiedlichsten Art bei der Razzia sichergestellt. Die Auswertung werde ein paar Wochen in Anspruch nehmen, so der Staatsanwalt.

 

Um 19.30 Uhr rückte gleich eine Einsatzhundertschaft zur Rheinischen Straße aus und störte den dort immer mittwochs stattfindenden Kameradschaftsabend. Die Beamten riegelten den Bereich hermetisch ab. Noch bis zum späten Abend hatte die Polizei ein Auge auf die rechte Szene.

 

Stelle für Opfer rechter Gewalt

 

In NRW kommt es alle drei Tage zu einer rechtsmotivierten Gewalttat. Das bedeutet in Einzelfällen mittelschwere bis schwere Körperverletzung, versuchte Totschläge oder gar Tötungsdelikte. Aggressives Vorgehen gegen Ausländer und politisch Linksorientierte scheint sich immer mehr in unseren Alltag einzuschleichen.

Dagegen will man in Dortmund jetzt aktiv vorgehen. Das Bündnis Dortmund gegen Rechts fordert eine Opferberatungsstelle, die Betroffenen nicht nur seelsorgerische Betreuung bieten soll, sondern unter anderem ein breites Netzwerk an Fachleuten.

 

Angst ist ein Problem

 

Darunter sollen zum Beispiel Ärzte und Anwälte fallen, die auch persönlich bereit sind, sich mit ihrer Arbeit gegen Rechtsextremismus zu engagieren. Exemplarisch stehen die Beratungsstellen für Opfer Rechter Gewalt in Berlin und Sachsen-Anhalt. Nach deren Muster will man Betroffenen die Möglichkeit bieten, sich gegen rechtsextreme Gewalt wehren zu können.

 

Das Problem liege oft darin, dass die Opfer eine viel zu große Angst haben, Anzeige zu erstatten, erklärt Referentin Heike Kleffner aus Sachsen-Anhalt. Nicht selten kommen die Täter durch ihre Verteidiger an die Personalien der Opfer, sobald die Akten angefordert werden. Dies lässt weitere Angriffe befürchten und dient meistens als Grund, über die Sache zu schweigen. Die Beratungsstelle klärt in solchen Fällen auf und berät über die Alternativen.

 

Bis jetzt ist unklar, ob in Dortmund eine solche Einrichtung entstehen kann. Vor einigen Tagen stellte das Bündnis Dortmund gegen Rechts eine entsprechende Anfrage an die Landesregierung, die vorerst abgelehnt wurde. Bis zum 30. November hat die Stadt Dortmund jedoch die Möglichkeit, einen lokalen Aktionsplan aufzustellen. Die Beschlussvorlage für den Stadtrat soll unter anderem die Forderung nach einer Opferberatungsstelle enthalten.