Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - Verbot der neonazistischen HDJ ist rechtmäßig

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Klage des neonazistischen Vereins "Heimattreue Deutsche Jugend - Bund für Umwelt, Mitwelt und Heimat e.V." (HDJ) gegen das von dem Bundesinnenministerium erlassene Vereinsverbot abgewiesen. Das Verbot der in Plön (Schleswig-Holstein) ansässigen, jedoch bundesweit aktiven HDJ sei zu Recht ergangen, teilte das Gericht mit. Die HDJ richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und erfülle damit einen vereinsrechtlichen Verbotsgrund.

 

Das Innenministerium habe die in der Vereinssatzung enthaltenen Bekenntnisse zu gemeinnütziger Jugendarbeit und zum Grundgesetz zu Recht als bloße Fassade bewertet, so das Gericht. Tatsächlich weise die HDJ eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus, insbesondere mit der früheren Hitlerjugend auf. Dies ergebe sich aus beschlagnahmten Materialien für von der HDJ durchgeführte Veranstaltungen, schriftlichen Äußerungen und Aktivitäten von Mitgliedern mit herausgehobenen Funktionen sowie Artikeln, die in der Vereinszeitschrift erschienen sind.

 

Weiter schreibt das Bundesverwaltungsgericht zur Begründung, die HDJ propagiere eine Vorbildfunktion des Nationalsozialismus, bekenne sich zu maßgeblichen Repräsentanten des nationalsozialistischen Regimes und verwende nationalsozialistisch geprägte Begriffe. Sie sei der Blut-und-Boden-Ideologie und der Rassenlehre der Nationalsozialisten verhaftet und verbreite antisemitische Thesen. Sie diffamiere die freiheitlich-demokratische Grundordnung des Grundgesetzes und nehme dieser gegenüber insgesamt eine kämpferisch-aggressive Haltung ein.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ist in erster und letzter Instanz für nach dem Vereinsgesetz erlassene Verbote des Bundesinnenministeriums zuständig. Die HDJ war im März 2009 verboten worden. Der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble sagte zu der Maßnahme: "Mit dem Verbot setzen wir den widerlichen Umtrieben der HDJ ein Ende."

 

Verbot zeigt offenbar Wirkung

 

In den vergangenen Jahren war die HDJ vor allem durch Zeltlager für Kinder und Jugendliche aufgefallen. In diesem Jahr habe es nur noch vereinzelt rechtsextreme Sommercamps gegeben, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa in den Ländern zeigt.

Auch die Fachjournalistin Andrea Röpke betont gegenüber tagesschau.de, mit dem Verbot sei "die größte bundesweit aktive Neonazi-Erzieherorganisation zerschlagen worden und bundesweite Treffen, Gewaltmärsche, Schulungen oder Heldengedenken mit Kindern konnten in dieser Größenordnung nicht mehr durchgeführt werden". Allerdings fanden sich ihrer Beobachtung nach viele der jungen Männer aus der HDJ seither bei Brauchtumsfeiern, Ausmärschen oder Wettkämpfen der NPD-Nachwuchsorganisation "Junge Nationaldemokraten" wieder. Die Uniform sei etwas verändert worden, doch die Erziehungsmethoden würden auch in anderen Organisationen an jüngere Kameraden weitergegeben, so Röpke.

 

Kulturelle Tarnorganisationen

 

Mädchen und junge Frauen sind laut Röpke seit dem Verbot vor allem in kulturellen Tarnorganisationen aktiv. Diese beschäftigten sich mit Volkstanz, Brauchtum oder Singkreisen. Jugendliche aus den Reihen der HDJ wurden Röpkes Beobachtungen zufolge offenbar in Zeltlager anderer rechter Jugendverbände geschickt. Nur für Kleinkinder scheine es seit dem Verbot noch keinen adäquaten Ersatz zu geben - die HDJ-Familien mit dem ganz jungen Nachwuchs organisierten sich zurzeit in privaten kleinen Zirkeln.


Verbote rechtsextremer Vereine in Deutschland:

 

  • 1992: "Nationalistische Front", "Deutsche Alternative", "Deutsche Kameradschaft Wilhelmshaven" (Niedersachsen),"”Nationale Offensive"
  • 1993: "Nationaler Block" (Bayern), "Heimattreue Vereinigung Deutschlands" (Baden-Württemberg), "Freundeskreis Freiheit für Deutschland" (Nordrhein-Westfalen)
  • 1994: "Wiking Jugend"
  • 1995: "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP), "Nationale Liste Hamburg" (Hamburg), "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (Brandenburg)
  • 1996: "Skinheads Allgäu" (Bayern)
  • 1997: "Kameradschaft Oberhavel" (Brandenburg)
  • 1998: "Heide-Heim" Hamburg und Buchholz
  • 2000: "Hamburger Sturm", "Blood and Honour" sowie die Jugendorganisation "White Youth"
  • 2001: "Skinhead Sächsische Schweiz" (SSS) (Sachsen)
  • 2004: "Fränkische Aktionsfront" (Bayern)
  • 2005: "Kameradschaft Tor", "Mädelgruppe", "Berliner Alternative Süd-Ost" (Berlin), "Kameradschaft Hauptvolk" inklusive Untergliederung, "Sturm 27" (Brandenburg), "ANSDAPO" (Brandenburg)
  • 2006: "Schutzbund Deutschland" (Brandenburg)
  • 2007: "Sturm 34" (Sachsen)
  • 2008: "Collegium Humanum", "Bauernhilfe e.V.", "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten (VRBHV)"
  • 2009: "Heimattreue Deutsche Jugend"