Gruppe Freital: Verfahren gegen Polizisten aus Mangel an Beweisen eingestellt

Erstveröffentlicht: 
21.07.2017
Der Vorwurf, ein Polizist habe die Terrorgruppe Freital via WhatsApp vor Polizeieinsätzen gewarnt, kann nicht aufgeklärt werden. Denn der Beamte schweigt dazu.

 

Die letzte Ermittlung gegen einen Polizisten, der den Freitaler Rechtsextremisten geholfen haben soll, ist eingestellt worden. Insgesamt drei sächsische Polizisten waren verdächtigt worden, die mutmaßlichen Rechtsterroristen mit internen Polizeiinformationen versorgt zu haben. Zwei Verfahren waren bereits ergebnislos beendet worden, nun wurde auch das letzte gegen einen Polizisten der Bereitschaftspolizei Leipzig aus Mangel an Beweisen eingestellt. Das allein ist noch kein Skandal. Doch ist es zumindest erstaunlich, wie schnell und aus welchen Gründen vor allem die letzte Ermittlung beendet wurde.

 

Der Verdacht war bei allen drei Beamten der gleiche: Polizisten könnten Dienstgeheimnisse an jene Neonazis verraten haben, die 2015 die Kleinstadt Freital bei Dresden mit einer Serie von Anschlägen monatelang terrorisiert haben sollen

 

Interessant ist, warum das Verfahren eingestellt wurde: Der Beamte hat zu dem Vorwurf einfach geschwiegen. Das genügte, denn Beweise gibt es keine – die Handys, mit denen der Beamte und der Rechtsextreme WhatsApp-Nachrichten ausgetauscht haben sollen, sind verschwunden. Das geht aus einer bislang unveröffentlichten Antwort der Landesregierung Sachsen auf eine Kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Valentin Lippmann hervor, die ZEIT ONLINE vorliegt. 

 

"Der ungeheuerliche Vorwurf bleibt unaufgeklärt"


Keine Beweise, keine Anklage – das ist völlig korrekt. Seltsam wirkt es hier trotzdem. Die Dresdner Staatsanwaltschaft wusste früh von dem Verdacht. Immerhin war eine Staatsanwältin bei dem Verhör des Neonazis anwesend, in dem er berichtet hatte, einer seiner Kumpel habe staatliche Helfer. Von sich aus hatte die Staatsanwaltschaft aber kein Verfahren eingeleitet, obwohl sie genau dazu verpflichtet gewesen wäre. Mit den Ermittlungen gegen die Polizisten war erst Monate später begonnen worden, nachdem eine Anwältin Anzeige erstattet hatte. Und vom Justizministerium ernst genommen wurde der Fall erst, nachdem ZEIT ONLINE und andere Medien von dem Verdacht berichtet hatten, dass Beamte die Terrorgruppe mit Informationen versorgen würden.

 

Der Neonazi mit dem Draht in die Bereitschaftspolizei wurde so erst Monate später dazu befragt. Er vermochte sich dabei "an den genauen Wortlaut der Nachricht nicht zu erinnern", wie das sächsische Justizministerium nun schreibt. Der Polizist, der ihm die Warnung vor einem Polizeieinsatz geschickt haben soll, schweigt. Und die Mobiltelefone, die sie zum Tatzeitpunkt genutzt hatten, waren "im Rahmen der Ermittlungen" nicht mehr auffindbar und hätten daher auch nicht ausgewertet werden können.

 

"Die Versäumnisse der Sicherheitsbehörden bei den Ermittlungen zur Terrorgruppe Freital sind mittlerweile mit gesundem Menschenverstand nicht mehr erklärbar", sagt der Grünen-Abgeordnete Lippmann. Hätte die Staatsanwaltschaft den Vorwurf sofort ernst genommen und nicht erst nach fünf Monaten, hätte sie vielleicht auch die Telefone gefunden, glaubt er. "Der ungeheuerliche Vorwurf, ein Polizist könnte mittelbar eine Terrorgruppe unterstützt haben, bleibt nun unaufgeklärt, weil die Ermittlungsbehörden zu spät ihren Job machten."