G20-Randale: Autonome kamen auch aus der Region

Erstveröffentlicht: 
24.07.2017

NÜRNBERG - An den Krawallen rund um den G20-Gipfel in Hamburg hat sich offensichtlich auch eine ganze Reihe von linksextremistischen Autonomen aus dem nordbayerischen Raum beteiligt. Die Ermittlungsbehörden im Freistaat hoffen nun auf juristisch verwertbare Ergebnisse der in Hamburg eingerichteten Sonderkommision.

 

Von André Ammer

 

"Der Ballungsraum Nürnberg/Fürth/Erlangen hat sich über lange Jahre als Hotspot autonomer Bestrebungen in Bayern etabliert", bilanzierte Burkhard Körner, Präsident des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz (BayLfV), einige Wochen vor dem G20-Gipfel bei einem Pressegespräch in Nürnberg. Seine Mitarbeiter würden davon ausgehen, dass in der Region etwa 130 unorganisierte Linksextremisten (Autonome) aktiv sind. Und etwa 50 gewaltorientierte Aktivisten aus dem Raum Nürnberg würden sich wohl an den Ausschreitungen in Hamburg beteiligen, so Körners damalige Schätzung.

Inzwischen hat seine Behörde jedoch erste Hinweise dafür, dass diese Zahl merklich übertroffen wurde. "Über harte Fakten in Form von gerichtsfesten Beweisen verfügen wir allerdings noch nicht", bedauert BayLfV-Sprecher Markus Schäfert. Man hänge da gewissermaßen am Tropf der Hamburger Kollegen, die nun mehrere hundert Stunden Videomaterial analysieren müssen.

Wie erfolgreich die Sonderkommission G20 bei der Identifizierung linksextremistischer Gewalttäter sein wird, kann Schäfer noch nicht einschätzen, denn die Guerillataktik des Schwarzen Blocks innerhalb der Demonstranten war allem Anschein nach ziemlich erfolgreich. Wenn alle gleich aussehen, hat die Polizei keine Chance, Täter zu identifizieren - dieses Konzept haben viele Autonome in Hamburg perfektioniert und sich zum Teil unmittelbar vor den Krawallen komplett mit identischen Klamotten neu eingekleidet. Teilweise klebten die Militanten sogar die Logos an ihrer Kleidung ab, und nun hoffen die Spezialisten des bayerischen Verfassungsschutzes, dass man einige polizeibekannte Autonome anhand ihrer individuellen Bewegungsmuster dingfest machen kann.

Die bayerischen Ermittler haben unter anderem die Revolutionär Organisierte Jugendaktion (ROJA), eine 2009 in Nürnberg gegründete autonome Jugendorganisation im Visier, die sich laut Verfassungsschutzbericht auf den Marxismus beruft und neben einem konsequenten Antikapitalismus auch Klassenkampf und Revolution fordert. Auch Teile der Antifaschistischen Linken Fürth (ALF) stehen unter Verdacht, junge Menschen an die autonome Szene herangeführt und für die Demonstrationen in Hamburg mobilisiert zu haben.

Darüber hinaus soll die Interventionistische Linke (IL) Nürnberg federführend an einem Mobilisierungsvideo für die G20-Krawalle mitgewirkt haben und war nach eigenem Bekunden auch direkt an den Aktionen in Hamburg beteiligt. "Wir haben nicht nur das Protokoll von G20 durchkreuzt, sondern unsere rebellische Hoffnung auf die Straße gebracht", heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung der IL.

"Die ganze Mobilisierung in den Wochen und Monaten vor dem Gipfel hat angedeutet, dass auch die Autonomen aus dem nordbayerischen Raum dort ihre Militanz ausleben wollen", erklärt Markus Schäfert. Die im Zusammenhang mit dem G20-Treffen in Hamburg verübten Straftaten werden in der Statistik des bayerischen Verfassungsschutzes natürlich nicht auftauchen, weil sie ja nicht in deren Zuständigkeitsbereich begangen wurden. Allerdings ermitteln die Strafverfolgungsbehörden im Freistaat auch in einigen Fällen sogenannter Resonanzstraftaten. So nennen die Fachleute Delikte, mit denen Extremisten quasi auf die späteren Ausschreitungen bei einem Großereignis einstimmen und ihre Solidarität mit den gewalttätigen Demonstranten bekunden.

Ende Mai zum Beispiel wurde der Eingangsbereich einer Immobilienagentur in München beschädigt, und Graffiti-Schmierereien an den Hauswänden wie "Smash G20" deuten auf einen linksextremistischen Hintergrund hin. Mitte Juni war dann die Filiale eines Textildiscounters in Würzburg Ziel eines Anschlags. Unbekannte Täter warfen Scheiben ein und sprühten die Parole "Kik kills, fight G20" an die Fassade. "In diesem Fall gab es einen Bekennerbrief, und bei vielen anderen Delikten tauchen dann Selbstbezichtigungsschreiben auf den einschlägigen Internet-Foren auf", berichtet Markus Schäfert.