LUXEMBURG/BERLIN – Riesenaufstand in Berlin: Mit 500 Polizisten räumen die Behörden ein besetztes Haus. Der Besitzer des Gebäudes kommt aus Luxemburg.
«Friedel 54» – das ist ein «Symbolprojekt der linken und linksradikalen Szene gegen die Verdrängung aus dem Kiez», wie die Berliner Morgenpost schreibt. Seit Jahren wurde der sogenannte Kiezladen für Versammlungen, Diskussionen, Filmvorführungen und zum Feiern genutzt. Aber: Das Haus im Stadtteil Neukölln wurde verkauft und dem Laden gekündigt. Seit Wochen schwelten die Proteste gegen die drohende Räumung. Am Donnerstagmittag ließ der neue Besitzer – eine Firma aus Luxemburg – das Haus von der Polizei räumen. Der Fall machte deutschlandweit Schlagzeilen.
Bei der Räumung kam es zu großen Protesten, bis zu 200 Demonstranten protestierten gegen die Zwangsräumung. Teilweise hatten sich die Menschen einbetoniert. Und immer wieder fällt in den deutschen Medien der Name einer «Luxemburger Firma», die die Räumung verlangt haben soll. «Das unscheinbare Haus und der kleine Kiezladen sind in die Fänge eines globalen Immobilien-Finanzkapitalnetzwerks geraten», schreibt die taz. Laut Informationen der Zeitung soll die «luxemburgische Briefkastenfirma Pinehill S.a.r.l.» der neue Eigentümer des Gebäudes sein.
«Bedauerliche Reaktion»
«Ich habe von der Räumung gehört», sagt der Luxemburger Parlamentarier Marc Baum (Déi Lénk) im Gespräch mit L'essentiel. «Es ist bedauerlich, dass der rot-rot-grüne Senat in Berlin das in dieser Form zugelassen hat.» Baum kritisiert, das das Großherzogtum durch diesen Fall abermals negativ in die Schlagzeilen gerät. «Es ist auf keinen Fall ruhmreich, wenn eine Firma, die in Luxemburg ansässig ist, ein Gebäude polizeilich räumen lässt, in dem alternative Wohnprojekte und sogar eine Mieterberatung waren.» Die Luxemburger Regierung betreibe weiterhin eine Politik, um solche Unternehmen anzuziehen – eine Tendenz die durch den Brexit noch zunehmen könne. «Was die Transparenz angeht, sieht man gerade in den vergangenen Wochen, dass die Regierung wieder mit zwei Füßen auf der Bremse steht.»
Eugène Berger, Fraktionsvorsitzender der Regierungspartei DP meint dagegen: «Was die Thematik der Briefkastenfirmen angeht, hat die Regierung in den vergangenen drei Jahren große Anstrengungen unternommen.» Luxemburg sei von den OSZE-Ländern immer «unter den Ersten», wenn es um die Umsetzung von Richtlinien zum Finanzmarkt gehe. «Damit läutet das Großherzogtum das Ende der Briefkastenfirmen ein», sagt Berger. Der Liberale fügt mit Blick auf Berlin hinzu: «Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch eine Firma, die nicht aus Luxemburg ist, ein Haus räumen lässt.»
Ähnlich sieht das Bergers Kollege Franz Fayot, dessen Partei LSAP ebenfalls Regierungsmitglieder stellt. «Eine solche Firma kann ihren Sitz in Luxemburg haben oder anderswo», sagt er. Die Machenschaften solcher Private-Equity-Unternehmen seien nicht immer vereinbar mit den Interessen einer Stadt oder eine Gesellschaft. «Man muss schauen, wer dahinter steckt – und denjenigen dann gegebenenfalls an den Pranger stellen», sagt der Politiker aus der Hauptstadt. Fayot sieht die Verantwortung aber auch bei den Berliner Behörden: «Um ein Haus zu räumen bedarf es eines Erlasses der Stadt. Da sind vor allem die lokalen Politiker gefordert – und nicht das Land, in dem die Briefkastenfirma ist.»