Der Kasseler Pegida-Funktionär Michael Viehmann eröffnet ein Bordell – mit illustren Geschäftspartnern.
Vom selbst ernannten Retter des Abendlands zum Bordellbetreiber: Der Kasseler Pegida-Funktionär Michael Viehmann (48) versucht sich jetzt als Rotlichtunternehmer – und hat sich dafür sehr illustre Partner gesucht. Der Fall zeigt erneut, wie fließend die Übergänge zwischen rechter Szene, Rockerclubs und Rotlichtmilieu in Nordhessen sind.
Viehmann, Mitglied im bundesweiten Organisationsteam der rassistischen Pegida-Bewegung und im vergangenen Jahr wegen Volksverhetzung rechtskräftig verurteilt, eröffnete im Kasseler Stadtteil Fasanenhof das „Haus 30“, in dem Prostituierte ihre Dienste anboten. Brisant: Die andere Hälfte des unscheinbaren zweigeschossigen Doppelhauses hat die Stadt angemietet, um minderjährige unbegleitete Flüchtlinge unterzubringen.
Erst nachdem Nachbarn Alarm schlugen, will die Stadt jetzt die Notbremse ziehen und den Bordellbetrieb untersagen. „Entsprechende Schritte wurden bereits eingeleitet“, sagte ein Stadtsprecher. „In einem allgemeinen Wohngebiet ist gewerbliche Prostitution unzulässig.“ Es ist bereits der zweite Versuch, das Haus als Puff zu nutzen: Bereits 2014 bestand hier zeitweilig ein Bordell, damals noch in dem Gebäudeteil, der jetzt die jungen Flüchtlinge beherbergt. Auch damals sorgte die städtische Bauaufsicht für das Aus.
Der Immobilienbesitzer war da schon derselbe wie heute: ein umtriebiger Rotlichtunternehmer aus dem Kreis Waldeck-Frankenberg, der sich nicht scheute, bei seinen Geschäften die Grenze zur Kriminalität zu überschreiten: 2007 wurde er vom Landgericht in Marburg wegen ausbeuterischer Zuhälterei, Beihilfe zum Menschenhandel und Einschleusens von Ausländern zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt.
Die milde Strafe war der Lohn für ein Geständnis – und für das Versprechen, einen „Neuanfang“ jenseits des Sex-Business zu versuchen. Ein Versprechen, das der 58-Jährige längst wieder gebrochen hat. Beim „Haus 30“ in Kassel tritt er kaum verhohlen als Viehmanns Kompagnon auf. Doch er ist nicht der einzige bemerkenswerte Geschäftspartner, mit dem der Pegida-Funktionär bei seinem Start ins Sexgewerbe zusammenarbeitet.
Wer auf der Internetseite des Etablissements nach einem „seriösen Escort-Service“ sucht, wird an einen langjährigen Neonazi-Aktivisten aus Kassel verwiesen: Michel F., der von den Behörden zum weiteren Umfeld der rechtsextremen NSU-Terroristen gerechnet wird, wechselte wie Viehmann kürzlich ins Geschäft mit dem käuflichen Sex. Über sein „Hühnerstall Escort und Event Management“ vermittelt er Callgirls, Animiermädchen und Oben-ohne-Bedienungen. Einen Teil seines Personals teilte er dabei mit Viehmann: Mindestens drei Prostituierte waren gleichzeitig bei ihm und im „Haus 30“ tätig.
Passend zu seiner Existenzgründung schloss sich Michel F. zudem den berüchtigten Hells Angels an – der Rockerclub wird wie die verfeindeten Bandidos mit Rotlichtmilieu und organisierter Kriminalität in Verbindung gebracht. Derzeit ist der 31-Jährige „Prospect“, also Anwärter auf eine Vollmitgliedschaft, beim 2016 wieder gegründeten Kasseler Chapter. Zuvor war er auch schon bei den Bandidos aktiv gewesen und hatte mit der „Hardcore Crew Cassel“ (HCC) seinen eigenen Rockerclub gegründet.
Aus der rechten Szene will er sich dagegen bereits 2012 verabschiedet haben. Doch allzu weit her kann es mit diesem Ausstieg nicht sein: So präsentierte Michel F. auch später noch bei Facebook stolz sein Tattoo mit dem Leitspruch des militanten Neonazi-Netzwerks „Combat 18“. Dem rassistischen Post eines extrem rechten Hells Angel aus dem nordhessischen Sontra spendierte er ein „Gefällt mir“. Und auch Kontakte zu Neonazis pflegte er weiter – nicht nur in den sozialen Netzwerken, sondern auch ganz persönlich bei Partys des HCC.
An der „Hardcore Crew Cassel“ wird besonders deutlich, wie die Szenen in Nordhessen miteinander verwoben sind: Der Club, bei dem Rechtsextreme zumindest nicht unwillkommen sind, residiert aktuell auf einem Gelände in Kassel, das erst einem Bordell und dann dem Clubhaus der Hells Angels als Heimstatt diente. Unter der früheren Adresse des HCC in Kaufungen ist dafür jetzt der „Hühnerstall“ von Michel F. zu Hause. Es bleibt in der Familie.
Und zu dieser Familie möchte wohl gerne auch der Pegida-Frontmann Michael Viehmann gehören. Bei den Red Devils, dem bedeutendsten Unterstützerclub der Hells Angels, war er einst Prospect in Paderborn. Nachdem sich das dortige Chapter 2012 selbst aufgelöst hatte, versuchte Viehmann Anschluss in Kassel zu finden, wurde aber als „unerwünscht“ abgelehnt. Als Rotlichtunternehmer scheint er nun erneut die Nähe zu den Rockern zu suchen. Auf seiner Freundesliste bei Facebook jedenfalls tauchen seit Dezember 2016 plötzlich gleich mehrere Mitglieder der Kasseler Hells Angels auf.