Polizeieinsatz am Wall beschäftigt Justiz

Erstveröffentlicht: 
23.02.2017

Was passierte bei einer Auseinandersetzung mitten in der Innenstadt im vergangenen Jahr wirklich? Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern an und richten sich gegen Beamte. Aber auch ein Geschädigter ist angezeigt.

 

Es war am 5. April 2016, als es abends am Wall zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen Deutschen und Ausländern kam. Die Polizei nahm dabei unter anderem Hatem Khemiri fest, der anschließend schwere Anschuldigungen gegen die Einsatzkräfte erhob. Beamte hätten ihm zweifach sein linkes Bein gebrochen, dabei habe er in dem Streit nur schlichten wollen, sagte der Tunesier. Er sei auf dem Weg zum Einkaufsmarkt gewesen. Seine Frau Simona Khemiri erstattete Anzeige wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt.

 

Die Ermittlungen zu den Vorgängen an diesem Abend dauern noch immer an und beschäftigen mittlerweile neben der Staatsanwaltschaft auch das Amtsgericht. Die Untersuchung der Staatsanwaltschaft richte sich aktuell gegen drei Polizeibeamte wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt, teilte Oberstaatsanwältin Ingrid Burghart auf Nachfrage mit. Momentan werde ein Gutachten erarbeitet, mit dem geklärt werden soll, ob die Verletzungen von Hatem Khemiri durch die von ihm genannten Handlungen der Polizeibeamten stammen können, erläuterte Ingrid Burghart.

 

Mit dem Eingang des Gutachtens bei der Staatsanwaltschaft sei jedoch nicht vor Mitte März zu rechnen. Das Einholen einer solchen Stellungnahme eines Experten hatte die Anwältin von Hatem Khemiri bereits vergangenen September im Gespräch mit "Freie Presse" gefordert. Auf diese Weise könne beispielsweise herausgefunden werden, welche Kraftanstrengung notwendig sei, um solche Verletzungen, wie sie Hatem Khemiri an seinem Bein erlitt, zu verursachen, so die Anwältin. Khemiri selbst habe im Oktober seine Aussage zum Geschehen am 5. April zu Protokoll gegeben, so Ingrid Burghart. Die Untersuchung des Vorganges in der Innenstadt hatten schon 2016 spezielle Beamte übernommen, die in Verfahren gegen andere Polizeibeamte ermittelten, wie die Oberstaatsanwältin zu einem früheren Zeitpunkt mitteilte. Auch für die Anwältin von Hatem Khemiri ist ein Ende der Ermittlungen nicht absehbar. Das liege zum einen an den umfangreichen Untersuchungen, die notwendig seien, zum anderen seien Staatsanwaltschaften allgemein überlastet, so Kristin Pietrzyk.


Doch nicht nur gegen Beamte wird ermittelt, mittlerweile muss sich auch Hatem Khemiri mit Beschuldigungen gegen ihn auseinandersetzen. Anfang Dezember wurde am Amtsgericht Chemnitz Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gegen ihn und einen weiteren Beschuldigten erhoben, sagte Oberstaatsanwältin Burghart der "Freien Presse". Die Anklage sei den Beschuldigten zugestellt worden, bestätigte das Amtsgericht gestern. Die Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens stehe jedoch noch aus, erklärte Pressesprecherin und Richterin Birgit Feuring. Gefährliche Körperverletzung kann mit einer Höchststrafe von bis zu zehn Jahren belegt werden. Die Richterin erklärte zudem, dass das Ermittlungsverfahren gegen die Polizeibeamten, die Hatem Khemiri verletzt haben sollen, derzeit im Verfahren gegen Khemiri keine Bedeutung habe.

 

Ob ein Video, das ein Begleiter des Tunesiers aufgenommen hat, etwas Licht ins Dunkel der Geschehnisse bringen kann, ist unsicher. Der kurze Handy-Mitschnitt zeige einen Ausschnitt des Polizeieinsatzes, sagte Simona Khemiri. Das Video liege den Ermittlern vor.

 

Ihr Mann arbeite seit September wieder, doch der Vorfall mache ihm noch zu schaffen. Er sei nach wie vor in ärztlicher Behandlung.