Sächsische Stimmen zu möglichem NPD-Verbot

Erstveröffentlicht: 
15.01.2017

Der sächsische Innenminister Markus Ulbig hält das NPD-Verbotsverfahren unabhängig vom Ausgang für sinnvoll. Der CDU-Politiker sagte: "Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes wird zeigen, wie weit Parteien in unserem Rechtsstaat gehen dürfen, wo also die verfassungsrechtlichen Grenzen von parteipolitischen Inhalten und Aktivitäten liegen." Ulbig übernimmt am Montag das Amt als Chef der Innenministerkonferenz. Das Bundesverfassungsgericht verkündet am Dienstag seine Entscheidung über den Verbotsantrag des Bundesrats. Ulbig sagte, es sei eine große Menge schlagkräftiger Beweismittel zusammengetragen worden. Man habe es mit einer Partei zu tun, die eine ernstzunehmende Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung darstellt.

 

Politikwissenschaftler bezeichnet NPD als "Zwerg"


Vor der Urteilsverkündung spricht sich der Extremismusforscher Eckhard Jesse gegen ein Verbot der rechtsextremen Partei aus. "Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben", sagte Jesse. Die NPD sei ohne jede politische Relevanz und gesellschaftlich nicht verankert. Der emeritierte Politikwissenschaftler, der zuletzt eine Professur an der Technischen Universität Chemnitz innehatte, war in der Karlsruher Verhandlung im März 2016 als Sachverständiger aufgetreten. Damals hatte er die NPD als "Zwerg" charakterisiert. Im Herbst verloren dann die Rechtsextremen bei der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern ihre letzten Landtags-Mandate. Sie sind zurzeit nur noch auf kommunaler Ebene und im EU-Parlament mit dem Abgeordneten Udo Voigt vertreten. Auch in Sachsen hat die NPD an Bedeutung verloren. Die Mitgliederzahl sank von 760 im Jahr 2013 auf 500 im Jahr 2015. 

 

NPD in Sachsen mit 450 Mitgliedern

 

Jens Baur, Landesvorsitzender der NPD-Sachsen sagte dem MDR: "Gegenwärtig hat der Landesverband etwa 450 Mitglieder. Dies ist ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr." Dieser sei dadurch zu erklären, dass sich aufgrund des laufenden Verbotsverfahrens und der langen Hinauszögerung der Urteilsverkündung durch das BVG viele Interessenten auf eine Mitgliedschaft derzeit eher abwartend verhalten. "Es ist aber davon auszugehen, dass es - nach einer im Sinne der NPD positiven - Urteilsverkündung am 17. Januar eine größere Anzahl von Eintritten geben wird", ist Jung überzeugt.


NPD-Mandate in Sachsen
Die NPD hält derzeit insgesamt noch 70 kommunale Mandate in Sachsen, diese verteilen sich auf den Dresdner Stadtrat (2) sowie auf die Kreistage von Görlitz (2), Meißen (3), Sächsische-Schweiz - Osterzgebirge (5), Mittelsachsen (1), Erzgebirge (4), Vogtland (3), Zwickau (4), Nordsachsen (2) und Landkreis Leipzig (3). Zudem gibt es noch verschiedene Mandate auf Gemeindeebene. NPD Sachsen 

 

Dresdner Extremismusforscher warnt vor Unterschätzung


Der Dresdner Extremismusforscher Steffen Kailitz warnt davor, die rechtsextreme NPD wegen ihrer zuletzt schwachen Wahlergebnisse nicht zu verbieten. "Wer glaubt, die Partei sei tot, der täuscht sich", sagte Kailitz. Der gesellschaftliche Einfluss der NPD lasse sich nicht nur an Mandaten festmachen. So sei etwa rechtsextremes Vokabular, wie es zuerst die NPD gebraucht habe, in jüngster Vergangenheit in der Flüchtlingsdebatte auch in den politischen Diskurs eingesickert. Kailitz, der am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung arbeitet und bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht auch als Sachverständiger geladen war, hält ein Verbot aufgrund der Ziele der NPD für gerechtfertigt. "Die NPD plant mit der Vertreibung von Millionen Menschen Staatsverbrechen. Solche Positionen sind in einem demokratischen Parteienwettbewerb nicht tolerabel."

 

Thementag Am Dienstag will das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung im NPD-Verbotsverfahren verkünden. Sollte das Urteil "verfassungswidrig" lauten, müsste sich die NPD auflösen. Der MITTELDEUTSCHE RUNDFUNK widmet dieser – auch für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen – wichtigen Entscheidung einen Thementag und berichtet in allen aktuellen Sendungen in den Radioprogrammen und im Fernsehen sowie im Internet über das Urteil aus Karlsruhe.