Wirbel um Bautzens Polizeichef

Erstveröffentlicht: 
01.12.2016

Uwe Kilz muss sich Vorwürfen wegen seiner Stasi-Tätigkeit stellen. Doch er bekommt prominente Rückendeckung.

 

Von Sebastian Kositz

 

Bautzen. Erst im Mai hat Uwe Kilz seinen Job als Revierleiter in Bautzen angetreten – doch die Amtsführung gestaltete sich seitdem schwierig. Die ihm unterstellten Beamten können über mangelnde Arbeit nicht klagen, im September eskalierte die Lage auf dem Kornmarkt. In Erinnerung bleibt auch die Pressekonferenz nach den Krawallen. In dieser sprach Kilz unter anderem von „eventbetonten“ Jugendlichen. Was ihm den Vorwurf einbrachte, Schläger aus der rechten Szene zu verharmlosen. Jetzt sieht sich der Revierleiter mit seiner Vergangenheit konfrontiert.

 

Die Tageszeitung Die Welt hat in einem umfassenden Bericht die frühere Karriere des 56-Jährigen als Personenschützer im Dienste des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) beleuchtet. Seit 1978 war er demnach für die Stasi aktiv, bis zum Mauerfall hatte er sich zum Hauptmann hochgearbeitet. Als Spezialist für Nachrichtentechnik sei er zunächst in der Hauptabteilung Personenschutz eingesetzt worden, später in einer Arbeitsgruppe von Stasi-Chef Erich Mielke, schreibt das Blatt.

 

Die Zeitung zitiert auch aus der Kaderakte von Uwe Kilz. Darin heißt es: „Er ist ein befähigter, unserer Sache treu ergebener Genosse.“ Zugleich berichtet Die Welt, dass Uwe Kilz seinen damaligen Arbeitgeber über Verbindungen seiner kirchlich engagierten Schwiegermutter zu Westkontakten unterrichtet habe. Die Genossen vermerkten: „Kilz kam im Zusammenhang mit diesen Aspekten seiner Meldepflicht nach und bezieht klare Position.“

 

Tatsächlich sind die Vorwürfe nicht neu. Bereits 1993 hatte das Magazin Der Spiegel dazu berichtet. Und auch die Verantwortlichen beim Freistaat wussten damals, wen sie da in die Reihen ihrer Polizei übernehmen. Nach Angaben des Innenministeriums habe Uwe Kilz im März 1990 zunächst bei der Volkspolizei angefangen. Im Januar 1991 übernahm ihn der Freistaat als Mitarbeiter in die Inspektion Personen- und Objektschutz. Von dort aus legte Uwe Kilz schließlich eine steile Polizeikarriere hin, in der es bis zum Revierchef brachte.

 

Für die aktuelle und frühere Verantwortungsträger ist das auch keineswegs ungewöhnlich. „Das sächsische Kabinett und auch der sächsische Landtag haben sich bereits zu Beginn der Neunzigerjahre mehrfach mit dem Thema Stasi-Vergangenheit befasst“, erklärt Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU). Dabei seien klare Grenzen für die Weiterbeschäftigung betroffener Mitarbeiter definiert worden. Eine Tätigkeit beim MfS, etwa als Bedienstete des Personen- und Objektschutzes oder als Sprengstoffexperten, habe „nicht zwangsweise eine Weiterbeschäftigung beim Freistaat Sachsen ausgeschlossen, jedenfalls, wenn keine weiteren Belastungen hinzukamen“, heißt es aus dem Ministerium.

 

Uwe Kilz ist demnach mehrfach überprüft worden: insgesamt achtmal, zuletzt 2004. „Im Ergebnis gab es laut den damaligen Verantwortlichen keinen Anlass für personelle Konsequenzen“, sagt Markus Ulbig. Jetzt habe er verfügt, sich den Vorgang erneut anzuschauen. „Es sind aber keine neuen Sachverhalte zutage getreten. Daher ist die in den Neunzigerjahren getroffene Entscheidung weiterhin bindend.“

 

Rückendeckung erhält Uwe Kilz auch vom früheren Innenminister Heinz Eggert – in dessen Amtszeit zwischen 1991 und 1995 auch die Übernahme des heute 56-Jährigen in den Polizeidienst fällt. „Damals gab es viel zu wenige Personenschützer“, erklärt Heinz Eggert. Leute wie Uwe Kilz seien gebraucht worden. Und: „Wir haben keine politisch belasteten Leute genommen, keine inoffiziellen Mitarbeiter.“ Dass er die Westkontakte seiner Schwiegermutter gemeldet hat, ist für den selber von der Stasi massiv bespitzelten Heinz Eggert kein stichhaltiger Vorwurf: „Das wussten die doch eh. Nur hätte er es nicht gesagt, hätte er richtig Ärger bekommen.“

 

Doch nicht bei jedem trifft das Vorgehen auf Verständnis. Bautzens SPD reagierte auf den Bericht verstimmt. „Uns geht es nicht um Schuldzuweisungen. Es ist aber für uns nicht nachvollziehbar, dass sich ein Polizeibeamter mit dieser Vergangenheit in einer solch exponierten Stellung wiederfinden kann und darf“, sagt Roland Fleischer – bis vor wenigen Jahren Vize-Chef des Polizeireviers Bautzen. Er selbst habe erlebt, wie „kleine Polizisten“ Anfang der 90er-Jahre wegen „kleinerer Verstrickungen in die Machenschaften der SED“ rausgeflogen sind. Es gehe um Gerechtigkeit.

 

Heinz Eggert hält dagegen: „Die, die wir damals entlassen haben, hatten hinterrücks Berichte über andere geschrieben.“