Nachdem verdeckte Ermittler in der Roten Flora aufflogen, räumte die Polizei deren Rechtswidrigkeit ein. Szene vermutet Kalkül.
Hamburg. Nach dem Auffliegen widerrechtlich eingesetzter verdeckter Ermittler in Hamburg hat die linke Szene der Polizei vorgeworfen, eine weitere Aufarbeitung der Fälle zu sabotieren. Kaum sei etwa wegen des Einsatzes der verdeckten Ermittlerin Maria B. Klage eingereicht worden, habe die Polizei wie auch schon im Fall von Iris P. kurzerhand die Rechtswidrigkeit des Einsatzes eingeräumt und so eine weitere gerichtliche Aufklärung unmöglich gemacht, sagte ein Sprecher des Arbeitskreises "Verdeckte Ermittlungen abschaffen" am Dienstag.
"Das wiederholte Einknicken bei der Erhebung von Klagen zeigt aus unserer Sicht, dass das Thema schnell wieder aus der Öffentlichkeit verschwinden soll."
OSZE-Gipfel: Szene vermutet weitere verdeckte Ermittler
Recherchegruppen aus dem Umfeld des linksautonomen Kulturzentrums "Rote Flora" haben in der Vergangenheit vier verdeckte Ermittler der Polizei enttarnt. Die drei Frauen und ein Mann ermittelten teils über Jahre in der linken Szene Hamburgs, darunter auch im alternativen Radiosender "Freies Sender Kombinat" (FSK). Als Aktivisten der "Roten Flora" in der Folge Plakate mit Bildern und Klarnamen der Beamten an das Kulturzentrum hängten, wurden diese von der Polizei mit schwarzer Farbe übermalt.
Ein Hausbesuch in der Roten Flora
Der Sprecher des Arbeitskreises ging davon aus, dass gerade im Zusammenhang mit dem am 8. und 9. Dezember anstehenden OSZE-Treffen sowie dem G20-Gipfel im Juli 2017 noch mehrere verdeckte Ermittler in der linken Szene unterwegs seien. Er verlangte einen sofortigen Stopp der Einsätze. "Verdeckte Ermittlungen gehören abgeschafft, völlig egal, ob polizeiliche oder geheimdienstliche." Sprecherinnen des von der verdeckten Ermittlerin Iris P. unterwanderten Hörfunksenders FSK forderten darüber hinaus eine ständige, unabhängige Polizeikommission zur Überwachung der Behörden.
Keine verdeckten Ermittler in rechter Szene?
Anwalt Gerrit Onken - er vertritt eine Klägerin im Fall der von 2008 bis 2012 eingesetzten Ermittlerin Maria B. - betonte, schon kurz nach Klageerhebung im Sommer habe die Polizei anerkannt, dass die Rechtsnorm für den Einsatz rechtswidrig gewesen sei. Damit "wird die Verantwortlichkeit für den Polizeieinsatz mit einem relativ schlichten formalen Argument auf den Gesetzgeber geschoben".
Die innenpolitische Sprecherin der Linken-Bürgerschaftsfraktion, Christiane Schneider, schloss sich der Forderung nach einem Ende aller verdeckten Ermittlungen an - zumal diese auch nur in der linken, nicht aber in der rechten Szene angeordnet würden. "Das LKA sagt selber, in Nazi-Strukturen haben sie noch nie ermittelt (...). Auf meine Frage warum nicht, sagen sie: Da wird gesoffen, da werden Straftaten verübt - und das wollen wir unseren Beamten nicht zumuten." Schneider forderte zudem, dass alle bisher erhobenen Daten "ganz und gar" gelöscht würden und die vom FSK verlangte Kommission tatsächlich eingesetzt werde.