Dummer Polizei-Fehler vor dem brisantesten Ostderby

Erstveröffentlicht: 
15.10.2016

Von Lutz Wöckener - Im Sachsen-Pokal trifft Chemie auf Lok Leipzig. Im Heimstadion ist die Sicherheit nicht garantiert. In der RB-Arena fürchten sie Vandalimus. Und dann ist da noch die Verlegung einer zweiten Partie


Der Bildausfall rief erste Verschwörungstheoretiker auf den Plan. Zuvor hatte der Livestream des sächsischen Fußballverbands aus der Leipziger Sportschule „Egidius Braun“ noch problemlos funktioniert. Doch als sich für das Viertelfinale im sächsischen Landespokal die brisanteste aller möglichen Partien abzeichnete, streikte die Verbindung. Erst nach dem Ende der Auslosung bewegten sich die Bilder wieder, und Losfee Rene Hüttl, immerhin Schiedsrichter, präsentierte das Ergebnis: Oberligaaufsteiger BSG Chemie Leipzig gegen Regionalligist 1. FC Lokomotive Leipzig.

Fünfte gegen vierte Liga - und dennoch eine Paarung, die aufgrund ihrer Brisanz viele Fragen nach sich zieht. Denn wo und wann die Partie der Klubs, deren Feindschaft tief in der DDR verwurzelt ist, stattfinden kann, ist auch fünf Tage nach der Auslosung völlig offen. „Wir sind sicher, dass wir in unserem Stadion das größtmögliche Maß an Sicherheit bieten werden“, sagt Chemie-Pressesprecher Dirk Skoruppa: „Aber garantieren können wir für nichts.“

Tatsächlich ist das Sicherheitsrisiko in den Tagen nach der Auslosung noch einmal gewachsen – bizarrerweise aufgrund eines Planungsfehlers der sächsischen Polizei, die im Vorfeld des Sicherheitsspiels für eine Posse sorgt.

Nicht nur bei der Auswärtsmannschaft wurde früh ein Ausweichen in die größere Red-Bull-Arena angeregt: „Das wäre doch ein fantastisches Fußballfest und würde allen zeigen, dass Leipzig mehr Fußball zu bieten hat als nur RB Leipzig“, sagt Lok-Trainer Heiko Scholz: „Irgendwelche Chaoten brauchen wir da nicht. Die sollen daheim bleiben.“

Ein frommer Wunsch. Die Polizei bereitet sich bereits auf ein Spiel mit extrem hohem Sicherheitsrisiko vor. „Klar ist, dass wir einen Großeinsatz mit mehreren Hundertschaften fahren und den Fokus auf das gesamte Stadtgebiet erweitern müssen“, sagt ein Sprecher der Leipziger Polizei und ergänzt: „Aber wir müssen schauen, wie viele Kräfte wir an dem Wochenende überhaupt zur Verfügung haben.“

Denn gespielt wird am 12. oder 13. November. Ein Wochenende, an dem der ob seiner rechten Hooliganszene berüchtigte und mit Lok in Freundschaft verbundene BFC Dynamo in der Regionalliga Nordost bei der U23 von RB Leipzig antritt. Etwa 1500 Berliner werden zu der Partie erwartet. „Das sind für uns dann zwei absolute Highlights, die einen extrem hohen Personalaufwand abfordern“, heißt es bei der Polizei.

Nun spielt auch noch der BFC Dynamo in Leipzig

Niemand konnte das Pokalduell der beiden Leipziger Klubs im Sommer prognostizieren. Insofern würde sich eine Kritik an der Ansetzung des Ligaspiels von RB Leipzigs U23 verbieten, wäre der Termin bereits vor Saisonbeginn festgelegt worden. Nur sollte die Partie eigentlich gar nicht am zweiten Novemberwochenende stattfinden. Tatsächlich ist das Auswärtsspiel des BFC eine Partie vom 10. Spieltag, der an diesem Wochenende ausgetragen wird. Sie wurde erst kurzfristig verlegt.

Die Begründung klingt rückblickend geradezu paradox: „Das sächsische Innenministerium ist auf uns zugekommen und hat uns mitgeteilt, dass die Polizei aufgrund der Gesamtlage in Sachsen personell nicht in der Lage ist, das Spiel entsprechend zu sichern“, sagt Wilfried Riemer, Spielleiter beim Nordostdeutschen Fußballverband.

Eine nachvollziehbare Lagebeurteilung. Blöd nur, dass das Spiel dann am Dienstag, einen Tag nach der Auslosung, für den 12. November neu angesetzt wurde. „Ein Termin, dem die beiden Vereine, wir als NOFV und die sächsische Polizei zugestimmt haben“, bestätigt Riemer. Ein Satz wie ein Schuldeingeständnis. Nun beklagt die Leipziger Polizei die terminliche Zusammenlegung von zwei Sicherheitsspielen, die sie selbst herbeigeführt hat.

Wichtiger Termin am Montag

Kopfschütteln bei den beteiligten Klubs, die angesichts der zu erwartenden Zwischenfälle schon genug Probleme haben. Einen Umzug in die Red-Bull-Arena haben sie bei Chemie angesichts der zu erwartenden Mietkosten von mehr als 70.000 Euro ausgeschlossen. Zudem fürchten Hauptmieter Red Bull und die Betreibergesellschaft des Stadions, dass die gemeinsame Abneigung gegen den polarisierenden Bundesligisten extremen Vandalismus heraufbeschwören könnte.

Für Montag hat Chemie nun zur Sicherheitskonferenz eingeladen. Vereinsvertreter der BSG und von Lok werden mit dem Ordnungsamt, der örtlichen Polizei, Bundespolizei, szenekundigen Beamten und der Feuerwehr über eine Lösung diskutieren, ob und wie das Spiel am zweiten Novemberwochenende im Alfred-Kunze-Sportpark durchgeführt werden kann.

Womöglich wird das Pokalspiel ohnehin noch verlegt. Denn daran, dass beide Sicherheitsspiele tatsächlich am selben Wochenende ausgetragen werden, glauben in Leipzig die wenigsten.