Nach dem Neonazi-Angriff auf die Wache der Bundespolizei in Magdeburg sehen Polizei und Politologen die demokratische Ordnung in Gefahr. Die rechtsextreme Szene habe Größenfantasien und den Glauben, das ganze Volk zu vertreten. Das ziehe auch Mitläufer und Feiglinge in ihren Bann. Die Gewerkschaft der Polizei forderte harte Strafen.
Die gewaltbereite rechtsextreme Szene habe Größenfantasien, sagt der Politologe und Psychologe, Thomas Kliche, zu den rechten Übergriffen am Wochenende in Magdeburg. Der Professor der Hochschule Magdeburg-Stendal sagte MDR SACHSEN-ANHALT, der Angriff auf eine Polizeiwache habe eine "neue Qualität". Die rechte Szene glaube, sie spreche für große Teile des Volkes. Das habe auch mit dem Aufstieg der AfD und der damit verbundenen rechtsextremen Rhetorik und Gedankenwelt zu tun.
Rechtsextreme in ihrer Aggressivität bedrohlich
Außerdem gebe es einen gut organisierten rechtsextremen Reisekader. Dieser werde per Internet oder Handy zu Brennpunkten kommandiert, um dort handlungsfähig zu sein und Leuten den Eindruck zu vermitteln, hier sei ganz viel los und das Volk wehre sich. "Das Gefühl - wir sind eigentlich das Volk und der Staat ist eher etwas, das uns stört, das müssen wir umstürzen und aus dem Weg räumen - das ist etwas Neues und in der Form von Aggressivität auch sehr bedrohlich."
Kliche warnte, man müsse aufpassen, dass sich das nicht durch Nichtstun wie in Sachsen verstetige. Entscheidend seien nicht die Spinner, sondern die Mitläufer und Feiglinge. "Wenn die Zahl der Mitläufer und Feiglinge ein bestimmtes Maß überschreitet, dann ist eine demokratische Ordnung schwer zu verteidigen."
Polizeigewerkschaft fordert hartes Durchgreifen
Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Uwe Petermann, hat nach den Vorfällen am Wochenende in Magdeburg ein Durchgreifen der Justiz gefordert. Rechte Demonstranten hatten am Sonnabend versucht, die Wache der Bundespolizei zu stürmen. Sie wollten einen 32-Jährigen befreien, der vorher von Polizisten festgenommen worden war. Schon die Festnahme hatten rechte Gesinnungsgenossen behindert. Petermann sagte MDR SACHSEN-ANHALT, er erwarte, dass die Täter schnell verurteilt würden. "Gefangenenbefreiung ist kein Kavaliersdelikt. Hier sind die Täter klar. Hier gibt es genügend Augenzeugen." Die Täter dürften nicht mit Bagatellstrafen davonkommen. Nur so bekomme man den nötigen Respekt in der Gesellschaft.
Der GdP-Chef betonte, es komme immer wieder zu Überfällen auf Polizeifahrzeuge und auch Wachen. So hätten Linke eine Polizeiwache in Leipzig attackiert. Oft spiele Alkohol und mangelnder Respekt vor dem Staat eine Rolle. Petermann sprach von einer "deutlichen Verrohung der Gesellschaft". Ursache für die Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamte sei auch die geringe Präsenz der Beamten. Wenn Verstöße vielfach jahrelang nicht geahndet worden seien, fehle das Verständnis dafür, wenn dies auf einmal anders sei.