Auch Neonazis und Kampfsportler an Überfall auf Connewitz beteiligt

Erstveröffentlicht: 
01.09.2016

Anfang des Jahres hatten Vermummte das alternative Leipziger Viertel Connewitz überfallen. Nach MDR-Recherchen waren unter den Tätern auch Neonazi-Kader.

 

An dem Angriff auf das linksalternative Leipziger Stadtviertel Connewitz am 11. Januar 2016 waren neben Fußball-Hooligans offenbar auch neonazistische Kader, Mitglieder militanter Gruppen und aktive Kampfsportler beteiligt. Das berichtete das Magazin MDR-Exakt, dem nach eigenen Angaben die Liste aller festgesetzten 215 Randalierer vorliegt. Demnach kamen diese überwiegend aus Sachsen, aber auch aus Thüringen, Sachsen-Anhalt und Berlin. Die Polizei hatte Angreifer noch am Tatort gestellt.

 

Dem MDR zufolge sind unter denjenigen, die in Gewahrsam genommen wurden, mindestens zehn Personen, die in den vergangenen Jahren für die NPD bzw. ihre Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) aktiv waren, unter anderem Felix F. aus Heidenau. Er habe in der NPD-Jugendorganisation Karriere gemacht und soll im Sommer 2015 auch an den ausländerfeindlichen Krawallen in Heidenau beteiligt gewesen sein.

 

Ebenfalls in Connewitz gestellt worden sei Tom S., 2013 in den Berliner Landesvorstand der rechtsextremen Partei Die Rechte gewählt, sowie Tim W., ein weiterer bekannter Berliner Neonazi. Beide Männer gehörten zum Führungszirkel der im März verbotenen Neonaziorganisation Weisse Wölfe Terrorcrew, wie aus der Verbotsverfügung des Bundesinnenministers hervorgeht.

 

Auch ein Führungsmitglied der 2001 verbotenen Skinheads Sächsische Schweiz sei auf der Beschuldigtenliste sowie mehrere Männer aus dem Umfeld der Schlägertruppe, die damals für Angriffe auf Andersdenkende verantwortlich gewesen sein soll. Der Dresdner Rico K., ebenfalls in Connewitz dabei, sitzt seit dem Frühjahr wegen Terrorismusverdacht in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft verdächtigt ihn, an Anschlägen der sogenannten Gruppe Freital auf Ausländer und Linke in Freital und Umgebung beteiligt gewesen zu sein.

 

Auch eine seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtete Kameradschaft aus Dresden war nach Exakt-Recherchen bei den Randalen in Connewitz beteiligt. Einer der Beteiligten wurde erst kürzlich zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er im Juli 2015 bei den ausländerfeindlichen Ausschreitungen vor der Dresdner Zeltstadt einen Polizisten gegen ein fahrendes Auto geschubst hatte.

 

Unter den Tätern sollen auch Kampfsportler aus Thüringen und Dresden sowie drei Aktive des Eilenburger Imperium Fight Team gewesen sein. Gegen ihren Auftritt bei einer Kampfsportnacht in Leipzig hatten am Samstag etwa 1.000 Menschen demonstriert.

 

Der MDR zitiert den Hooligan-Forscher Robert Claus von der Universität Hannover, wonach der Angriff eine neue Qualität gehabt habe: "Der 11. Januar hat vor allem gezeigt, wie etabliert die Netzwerke sind aus Mitgliedern rechtsextremer Parteien und Kameradschaften, bis hin in die Fußballfanszene. (...) Das zeigt, wie man sich punktuell zusammenfindet, gegen einen gemeinsamen Feind vorgeht und sich in Gewalt auslebt."

 

Während des schweren Angriffs waren viele Connewitzer in der Leipziger Innenstadt, um gegen eine Legida-Demonstration zu protestieren. Bei dem Angriff in Connewitz wurden mehr als 20 Geschäfte und Kneipen beschädigt; eine Wohnung brannte aus. Fünf Polizisten wurden verletzt.