Geburten-Plus durch Zuwanderer in Hagen

Erstveröffentlicht: 
28.07.2016

Hagen.   2015 kamen in Hagen 1764 Kinder zur Welt. Das ist ein Plus von 8,4 Prozent. Hagen scheint zu wachsen. Der Chef der Statistik schränkt diese vage Hoffnung aber deutlich ein.

Wir werden wieder mehr in Hagen. Die Geburtenzahl ist um 8,4 Prozent gestiegen und ist die dritthöchste in NRW. 2015 kamen in Hagen 1764 Kinder zur Welt. Woher kommt die Steigerung? Und welchen Effekt hat sie auf die schlechte Einwohner-Prognose Hagens, das bis 2030 rund 27 800 Bürger verlieren soll?

 

Dr. Marc Schüssler ist Leiter der Frauenklinik am Allgemeinen Krankenhaus in Hagen. Schüssler hat Tausende Geburten in Hagen begleitet und kann die Mütter und Paare, die in das Haus am Buschey zur Entbindung kommen, sehr gut einschätzen. „Meiner persönlichen Einschätzung nach sind für den erfreulichen Anstieg der Geburtenzahl vor allem Zuwanderer und Flüchtlinge verantwortlich. Wir haben viele Schwangere aus Osteuropa, die zu uns kommen.“

 

Diese Familien seien generell deutlich kinderreicher und die Frauen würden oftmals einen gänzlich anderen Lebensplan als deutsche Frauen verfolgen. So seien viele Zuwanderer-Frauen bei ihrer Entbindung Anfang 20, während deutsche Frauen wesentlich später gebären und Job, Karriereplanung und das Privatleben wesentlich aufwändiger aufeinander abstimmen, ehe es an die Zeugung eines Kindes gehe.

 

„Ob uns diese Kinder auch als Mitbürger in Hagen erhalten bleiben, vermag ich als Mediziner nicht zu sagen“, sagt Schüssler, der noch darauf verweist, dass das AKH zum Beispiel auch Risikoschwangerschaften aus dem Umland zugewiesen bekomme, weil das Perinatalzentrum in Hagen einen guten Ruf genieße. „Das sind dann später auch Geburten, die statistisch auf das Hagener Konto gehen“, so Schüssler.

 

Prognose bleibt bestehen

 

Über die Auswirkungen auf die künftige Bevölkerungszahl weiß Uwe Schubert etwas zu sagen. Er leitet das Ressort Statistik der Stadt Hagen und sieht keinen Grund, die Bevölkerungsprognose in Frage zu stellen. „Die gestiegene Geburtenzahl ist ein kurzfristiger Effekt. Niemand weiß, ob die Zuwanderer oder ihre Kinder länger in Hagen bleiben.“ Schubert zieht einen statistischen Vergleich zur Situation 1990, als der Fall der Mauer unter anderem auch für ordentlichen Bevölkerungszuwachs in Hagen sorgte. Schubert: „Damals lebten in Hagen plötzlich 217.000 Einwohner.“

 

Die Zahl stieg bis 1992 sogar noch leicht an. „Alle dachten, das würde jetzt immer so weiter gehen. Ging es aber nicht“, erklärt Schubert. Im Gegenteil: Schon vor der Wende folgte die Bevölkerungszahl Hagens einem Negativtrend, der Mitte der 90er Jahre auch wieder einsetzte. „Dennoch: Hagen ist eine überalterte Stadt und wenn sich unten, also bei den Jungen, etwas tut, dann kann das erst mal nur gut für Hagen sein.“

 

Im Mai dieses Jahres lag die Einwohnerzahl Hagens bei 194.002 Menschen. Sie ist zuletzt zuwanderungsbedingt immer weiter gestiegen, was laut Schubert auch ein kurzfristiger Effekt sei, aber nichts daran werde, dass die überalterte Stadt bis 2030 rund 14,5 Prozent der Bevölkerung verlieren werde.