Polizeigewalt: Gericht hebt Freispruch für Beamten auf

Erstveröffentlicht: 
15.07.2016

Der junge Mann hatte im Februar 2015 einen Demonstranten geschlagen. Jetzt wird der Fall noch einmal verhandelt.

 

Als "Prügelpolizist" war der junge Beamte über ein Video im Internet zu unrühmlicher Bekanntheit gekommen. Denn ein Pressefotograf hatte im Februar 2015 an der Brückenstraße gefilmt, wie der damals 28-jährige Bereitschaftspolizist einem 16-jährigen Anti-Pegida-Demonstranten, der sich rechtswidrig vermummt hatte, beim Abführen in die Seite boxt.

 

Zudem musste sich derselbe Beamte auch noch in einem anderen Fall wegen Körperverletzung im Amt vor Gericht verantworten. Ihm wurde vorgeworfen, bei einer Personalien-Feststellung am Rande des Stadthallenparks im September 2014 einen 33-jährigen angetrunkenen Disko-Heimkehrer ebenfalls brutal geschlagen zu haben.

 

Das Chemnitzer Amtsgericht sprach den Polizisten im vergangenen Jahr in beiden Verfahren schuldig und verurteilte ihn zu Geldstrafen von 3900 beziehungsweise 8450Euro. Der Beamte legte gegen beide Urteile Berufung ein, gegen das im Fall des 33-Jährigen tat das auch die Staatsanwaltschaft.

 

Anfang dieses Jahres saß er dann zum dritten Mal auf der Anklagebank. In der Berufungsverhandlung, für die beide Verfahren verbunden wurden, sprach ihn das Landgericht Chemnitz von allen Vorwürfen frei. Im Falle des Disko-Heimkehrers gab es zu viele Zweifel an den Darstellungen des vermeintlichen Opfers und von Zeugen. Bei dem 16-jährigen Anti-Pegida-Demonstranten lautete die Begründung, der Beamte habe eine polizeiliche Schocktechnik angewandt, um Gegenwehr zu brechen. Im Video sei zu erkennen, wie der Polizist zuvor vergeblich versucht, den deutlich größeren Demonstranten per Armstreckhebel wieder nach vorn zu beugen.

 

Über diesen Faustschlag muss jetzt ein weiteres Mal vor dem Landgericht verhandelt werden. Denn die Staatsanwaltschaft hatte beim sächsischen Oberlandesgericht (OLG) in Dresden die Revision des Freispruchs beantragt - erfolgreich. Mit einer jetzt getroffenen Entscheidung hob das OLG das Landgerichtsurteil vom Februar auf. Denn dieses habe teilweise auf Rechtsfehlern beruht, erklärte die Pressesprecherin des OLG, Richterin Gesine Tews, auf Anfrage. So sei fraglich, ob gegen den 16-Jährigen überhaupt noch Zwangsmittel gerechtfertigt waren, nachdem er aus dem Pulk der anderen Demonstranten isoliert worden war. Das sei dem Landgerichtsurteil nicht zu entnehmen, so Tews.

 

Eine andere Berufungskammer desselben Landgerichts soll jetzt in einer erneuten Verhandlung entscheiden, ob es beim Freispruch bleibt oder ob der Polizist doch schuldig gesprochen wird. Ob es dafür schon einen Termin gibt, war gestern nicht zu erfahren.