Sichere Herkunftsländer - Bundesrat vertagt Entscheidung auf Juli

Erstveröffentlicht: 
17.06.2016

Der Bundesrat vertagt seine Entscheidung, ob er Tunesien, Marokko und Algerien als "sichere Herkunftsländer" einstufen wird oder nicht. Das gab Bremens SPD-Bürgermeister Carsten Sieling am Donnerstagabend nach Beratungen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel bekannt. Am Freitag wurde der Punkt offiziell von der Tagesordnung genommen.

 

Der Grund ist der Widerstand von Ländern mit grüner Regierungsbeteiligung. Sie haben große Bedenken, den drei Maghreb-Staaten den Status eines "sicheren Herkunftslandes" zu geben. Ohne die Stimmen von mindestens drei der zehn Länder mit grüner Regierungsbeteiligung würde in der Länderkammer die nötige Mehrheit für die Einstufung fehlen. Im Vorfeld hatte keines der Länder seine Zustimmung signalisiert. 

 

Entscheidung noch vor der Sommerpause?


Medienberichten zufolge soll die Entscheidung auf den 8. Juli verschoben werden. Dies ist die letzte Sitzung der Länderkammer vor der Sommerpause. Lehnt der Bundesrat das Gesetz ab, hat die Bundesregierung die Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um dort einen Kompromiss zu suchen. 

 

Ulbig: Bundesrat wird am Ende zustimmen

 

Sachsens Innenminister Markus Ulbig zeigte sich optimistisch, dass der Bundesrat der Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer am Ende doch noch zustimmt. Der CDU-Politiker sagte MDR AKTUELL, die Probleme seien auch in den Ländern mit grüner Regierungsbeteiligung offenkundig. Die Anerkennungsquote für Flüchtlinge aus Marokko, Tunesien und Algerien gehe gegen Null. Man müsse ein Signal an die Menschen in ihren Heimatländern senden, dass sie sich gar nicht erst auf den Weg nach Deutschland zu machen brauchten.

 

Die Bundesregierung will die drei nordafrikanischen Ländern als sicher einstufen, um damit die Asylverfahren für Bewerber aus den drei Ländern zu beschleunigen. Sie verweist auf die niedrige Anerkennungsquote für Flüchtlinge von dort. Eine solche Einstufung hatte die Bundesregierung in den vergangenen beiden Jahren auch bei mehreren Balkanstaaten vorgenommen. 

 

Was steckt hinter dem Begriff "sicherer Herkunftsstaat"?


Das Prinzip "sicherer Herkunftsstaat" ist im Grundgesetz beschrieben, genauer im Asylrechts-Artikel 16a. Absatz 3 erlaubt es dem Gesetzgeber, Länder zu bestimmen, in denen sicher erscheint, dass es dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung gibt. Grundlage für die Beurteilung sind die politische Situation, die Rechtslage und die Anwendung der Gesetze.

 

Keine Maghreb-Flüchtlinge in Sachsen-Anhalt und Thüringen

 

Behörden in Deutschland haben seit Januar 2016 fast 3.200 Asylanträge von Menschen aus Algerien, Marokko und Tunesien verzeichnet. Die Zahl der registrierten Flüchtlinge aus den drei Ländern ist noch etwas höher.

 

In Mitteldeutschland nimmt nur Sachsen Maghreb-Flüchtlinge auf - in diesem Jahr stammen bislang 275 von insgesamt 6.272 Asylsuchenden aus den drei nordafrikanischen Staaten. Sachsen-Anhalt und Thüringen tun dies nach Angaben der entsprechenden Ministerien nicht. Hintergrund ist ein Abkommen mit dem BAMF, wie das Thüringer Integrationsministerium MDR AKTUELL erklärte: "Es gibt zwischen den Bundesländern eine Vereinbarung darüber, dass nicht alle Flüchtlinge aus allen Herkunftsländern überall hin verteilt werden. Bis auf die Hauptherkunftsländer mit den großen Ankunftszahlen gibt es eine Spezialisierung."

 

Nach Thüringen kommen laut Intergrationsministerium stattdessen beispielsweise Menschen aus Eritrea. Das habe den Vorteil, dass nicht überall die entsprechenden Dolmetscher und Übersetzer vorgehalten werden müssen. Und auch die Entscheider beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das die Asylanträge bearbeitet, könnten sich auf bestimmte Regionen konzentrieren.