Rätselraten um AfD-Stärke in der Region

Erstveröffentlicht: 
14.03.2016

Die Rechtspopulisten schnitten bei der Landtagswahl zwischen Eppingen und Künzelsau überdurchschnittlich gut ab. Eine Suche nach Erklärungen:

 

Wie schon einmal in den 90er-Jahren ist die Region Heilbronn-Franken nach rechts gerückt. In den vier Wahlkreisen Eppingen, Neckarsulm, Heilbronn und Hohenlohe hat die AfD weit besser abgeschnitten als im Landesdurchschnitt. Alle vier Kandidaten sind in den Landtag eingezogen. In Möckmühl wurde die AfD sogar stärkste Partei. Auffallend: In Wahlbezirken mit einem hohen Anteil an Spätaussiedlern verbuchten die Rechtspopulisten überdurchschnittliche Erfolge.

 

Der 5. April 1992 erschütterte das Land und die Region in ihren politischen Grundfesten. Damals zogen die Republikaner mit 10,9 Prozent in das Parlament ein. Auch damals schnitten die Rechten in den regionalen Wahlkreisen überdurchschnittlich gut ab. In Eppingen gewann Michael Herbricht mit 14,8 Prozent ein Mandat. In Hohenlohe schafften die Republikaner 13,3 Prozent. Politische Entscheidungsträger reagierten bestürzt auf diese Wahlergebnisse.

 

Sorge macht sich auch heute breit. Erklärungen, warum ausgerechnet die Region zur AfD-Hochburg geworden ist, kann niemand liefern. "Ich weiß es nicht", sagt der Heilbronner Landrat Detlef Piepenburg. Die Rechtspopulisten haben stark auf das Flüchtlingsthema gesetzt, Ängste befördert. Doch gerade in der Region gab es nicht die ganz großen Konflikte in dieser Frage - vom Protest in einigen Orten gegen Flüchtlingsunterkünfte einmal abgesehen. Piepenburg ist zwar nicht glücklich über die starke AfD, einen Imageschaden vermag er aber nicht zu erkennen.

 

Im Hohenlohekreis schnitt die AfD in Bretzfeld am besten ab. "Das ist sehr bedauerlich. Ich kann es mir aber nicht erklären", sagt Bürgermeister Martin Piott. Eine Rolle habe sicher die Diskussion über die Flüchtlingsfrage gespielt. Piott hofft, dass die 20,8 Prozent nur ein Ausdruck des Protests sind.

 

In Möckmühl hat keine Partei besser abgeschnitten als die AfD: 24,3 Prozent. Auch dort herrscht Rätselraten. Im Ort hätten vor allem die Flüchtlingspolitik, verbunden mit dem landespolitischen Thema Innere Sicherheit dominiert, sagt Kämmerer Andreas Konrad. Den höchsten Stimmenanteil verbuchte die AfD mit 25,4 Prozent in Zaberfeld. "Das ist eine Entscheidung der Wähler. Ich finde das aber schon etwas bedenklich", meint Bürgermeister Thomas Csaszar. Eine generelle Rechtslastigkeit beobachte er in der Gemeinde aber nicht.

 

Starke Resultate dort, wo viele Spätaussiedler wohnen


Ein Blick in einzelne Wahlbezirke offenbart, dass Stadtteile mit einem hohen Anteil von Spätaussiedlern der AfD gute Resultate bescherten. In Neckarsulm-Amorbach: bis zu 38,4 Prozent. Im Öhringer Zwetschgenwäldle: mehr als 40 Prozent. In Bad Friedrichshall-Plattenwald: 38,1 Prozent. Bürgermeister Timo Frey räumt ein, dass das Ergebnis im Plattenwald "sehr markant" ist. Auffallend sei, dass die Wahlbeteiligung dort diesmal deutlich höher sei als in der Vergangenheit. Möglich, dass die Informationspolitik Russlands der AfD in die Karten spielt.

 

Laut Medienberichten lässt das Kanzleramt ermitteln, ob die russische Regierung mit geheimdienstlichen Mitteln die politische Debatte und die öffentliche Meinung in Deutschland beeinflusst. So wurde zum Beispiel mit der angeblichen Vergewaltigung eines russischstämmigen Mädchens Stimmung gemacht. Für Frey ist jedenfalls klar: "Integration bleibt für uns eine Daueraufgabe."

 

Die Republikaner blieben neun Jahre im Landtag. 2001 verschwanden sie von der Bildfläche. Die demokratischen Parteien wollen alles dafür tun, dass das Gastspiel der AfD kürzer ausfällt.