Bundestagsfraktionen einig Weg für neuen U-Ausschuss zum NSU frei

Erstveröffentlicht: 
02.10.2015

Einem zweiten Untersuchungsausschuss des Bundestags zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) steht nach rbb-Informationen nichts mehr im Wege. Im Bundestag seien die inhaltlichen und personellen Entscheidungen für den neuen Untersuchungsausschuss gefallen, berichtet das rbb Inforadio.

Diskret und in aller Stille sind in den vergangenen Wochen die Vorbereitungen vorangetrieben worden: Wenn es um die Terrorgruppe NSU geht, dann läuft es auch ohne die üblichen parteitaktischen Manöver und Querelen, die sonst die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen des Bundestages begleiten. So war es damals, als der Bundestag seinen ersten NSU-Untersuchungsausschuss im Januar 2012 einsetzte, unmittelbar nach Bekanntwerden der NSU-Terrorgruppe, und in diesem Geist wolle auch der neue Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufnehmen, sagt Eva Högl, die seinerzeit für die SPD-Fraktion im ersten NSU-Untersuchungsausschuss saß.

Gemeinsam mit Kollegen aus allen Fraktionen des Bundestages hat Högl in den zurückliegenden Wochen den Untersuchungsauftrag für den neuen Ausschuss ausgehandelt. Nun ist man sich einig - der Entwurf liegt dem rbb Inforadio vor. Größtes Problem: Der Untersuchungsausschuss wird kaum Zeit haben - maximal anderthalb Jahre, dann steht die nächste Bundestagswahl vor der Tür. Angesichts der vielen offenen Fragen rund um die NSU-Terrorgruppe ist das nicht viel.

 

Komplexe Materie

Zwar will man sich auf ausgewählte Bereiche konzentrieren, jedoch sind diese in ihrer Gesamtheit ziemlich komplex. Die Beweisaufnahme im Wohnmobil in Eisenach, in dem Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt tot aufgefunden wurden, soll dabei im Fokus stehen. Genauso die Spurensicherung im Haus in der Frühlingsstraße in Zwickau, mutmaßlich letzter Wohnort des NSU, das durch eine Explosion zerstört wurde. Darüber hinaus soll es um den V-Mann-Führer des hessischen Verfassungsschutzes gehen, der zum Zeitpunkt der Ermordung von Halit Yozgat in einem Kasseler Internetcafé zugegen war - sowie um den Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter.

Auch mit grenzüberschreitenden rechtsextremen Strukturen wollen sich die Abgeordneten beschäftigen. Und schließlich will der Bundestags-Untersuchungsausschuss klären, ob nicht doch V-Leute des Verfassungsschutzes Informationen über das NSU-Trio hatten und ihren V-Mann-Führern möglicherweise darüber berichtet haben. Dafür sollen mehrere V-Leute vernommen werden, kündigt Armin Schuster von der CDU an.

 

Dabei wird oder wurde diesen Fragen bereits in den Untersuchungsausschüssen in den Landtagen von Sachsen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg nachgegangen. Vom NSU-Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht ganz zu schweigen. Dass es dem neuen Bundestags-Untersuchungsausschuss gelingen könnte, die offenen Fragen rund um das NSU-Trio ganz oder auch nur zum Teil zu beantworten, scheint deshalb fraglich.

Der CDU-Abgeordnete Schuster sagte dem rbb Inforadio, es sei den Versuch in jedem Fall wert. "Wir wollen aus diesem Fall lernen. In diesen Tagen ist es wieder besonders wichtig zu lernen, wie man Rechtsterrorismus verhindert."

U-Ausschuss soll Arbeit vor Weihnachten beginnen

Nicht nur inhaltlich, auch personell sind die Vorbereitungen für den neuen NSU-Untersuchungsausschuss abgeschlossen: Den Vorsitz soll Clemens Binninger (CDU) übernehmen, Experte für das Thema NSU innerhalb der Unionsfraktion. Als Obleute für die Fraktionen sind Armin Schuster, CDU, Uli Grötsch, SPD, Petra Pau für die Linkspartei und Irene Mihalic für die Grünen vorgesehen - vorbehaltlich noch der Zustimmung der jeweiligen Bundestagsfraktion.

Der Ausschuss soll im November eingesetzt werden - und noch vor Weihnachten, so der Plan, will man in die Beweisaufnahme einsteigen.