Bettenzahl wird aufgestockt: Sachsen reagiert auf steigende Asyl-Zahlen

Erstveröffentlicht: 
22.09.2015

Leipziger Olbricht-Kaserne könnte Unterkunft werden / Ulbig plant weitere Großzelte in Dresden

 

Von Jürgen Kochinke


Dresden. Wegen rapide steigender Flüchtlingszahlen stockt Sachsen die Unterbringungskapazitäten für die Erstaufnahme auf. Ständen derzeit 11700 Plätze in rund 30 Einrichtungen zur Verfügung, so soll die Bettenzahl noch in dieser Woche um 1500 auf dann rund 13200 steigen, sagte Innenminister Markus Ulbig (CDU) gestern in Dresden. Geplant sei unter anderem, die Unterkunft im früheren Technischen Rathaus in Dresden auf 1500 Plätze zu erhöhen. Darüber hinaus sollen zwei weitere Großzelte mit je 200 Plätzen in der Nähe des Dresdner Hauptbahnhofs hinzukommen. "Wir arbeiten auf Hochtouren, aber an der Grenze", sagte Ulbig.


Nach Aussage des Ministers hält "der Flüchtlingsstrom auf hohem Niveau an". Teilweise erreichten täglich bis zu 10 000 Neuankömmlinge Deutschland, vor allem das Nachbarland Bayern. Nach dem Verteilschlüssel auf die Bundesländer nimmt Sachsen davon bis zu 510 auf. Ulbig rechnet nach derzeitiger Lage mit rund 500 bis 700 Personen pro Tag. Um dem gerecht zu werden, würden zunehmend auch Kasernen zu Flüchtlingsheimen umfunktioniert - so in Dresden, Frankenberg sowie in Leipzig. In der Messestadt laufe derzeit die Prüfung für die Olbricht-Kaserne. Darüber hinaus komme eventuell auch der Dresdner Flughafen in Frage.


Gleichzeitig drängt der Minister auf eine zügige Verteilung der Asylbewerber Richtung Kommunen. Ziel sei es, pro Tag rund 200 Flüchtlinge dort unterzubringen. Bereits heute finde ein Treffen mit den Landräten statt, dabei werde es nicht zuletzt auch um dieses Thema gehen. Insgesamt müsse das Überprüfungsszenario beschleunigt und entzerrt werden. Um die Zeit von der Registrierung bis zu Anerkennung beziehungsweise Ablehnung eines Antrags zu verkürzen, soll das dafür zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf drei Standorte erweitert werden. Bisher fand die Bearbeitung nur in Chemnitz statt, jetzt kommen Dresden und Leipzig hinzu. Dabei funktioniere jene in der Landeshauptstadt bereits, in Leipzig sei bis November damit zu rechnen.


Darüber hinaus setzt der Minister darauf, dass in Zukunft vor allem jene Asylbewerber bearbeitet werden, die eine große Chance auf Anerkennung haben. Zu diesen zählen Bürgerkriegsflüchtlinge, aus Syrien vor allem. Jene ohne Bleibeperspektive - zum Beispiel aus dem Westbalkan - sollten dagegen möglichst erst gar nicht auf die Kommunen verteilt werden, da sie anschließend sowieso abgeschoben würden.


Trotz der rassistischen Pöbeleien und Übergriffe in Freital, Heidenau und zuletzt Bischofswerda lehnt Ulbig die generelle Einführung von Schutz- und Kontrollzonen rund um Asylbewerberheime ab. Darüber müsse je nach Lage entschieden werden, sagte er. Begründung: Der "braune Mob" treibe nicht überall gleichermaßen sein Unwesen, "in vielen Orten gibt es einen anderen, selbstverständlichen Umgang".


Sachsens Ausländerbeauftragter Geert Mackenroth (CDU) kündigte eine Orientierungshilfe für Asylbewerber an. Die in mehreren Sprachen herausgegebene Broschüre werde in Kürze vorgelegt, sagte er in Dresden. Gleichzeitig will Mackenroth den von seinem Vorgänger Martin Gillo (CDU) eingeführten Heim-TÜV übernehmen - allerdings in geänderter Form. Zum einen stehe eine solche Überprüfung derzeit unter gänzlich anderen Vorzeichen, da es erst einmal darum gehe, den Flüchtlingen überhaupt ein Dach über dem Kopf zu bieten. Zum anderen will Mackenroth die Überprüfung erweitern - auf alle Stellen, die mit dem Thema Asyl zu tun haben.