Städte bleiben auf Asyl-Kosten sitzen

Erstveröffentlicht: 
14.08.2015

Verbandspräsident dachte nach Drohungen an Rücktritt

 

Von Ingolf Pleil


Dresden. Die Städte und Gemeinden in Sachsen fordern ein neues System für die Abrechnung von Unterbringungskosten für Asylbewerber. Außerdem kritisieren sie die mangelhafte Kommunikation des Freistaats. Im Konflikt um Asylheime schrecken Gegner auch vor Attacken auf Bürgermeister nicht zurück. "Wir wollen dem Geld nicht mehr hinterherrennen", erklärte der Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindetags (SSG), Mischa Woitscheck, in Dresden.


Gegenwärtig zahlt der Freistaat eine Pauschale von 7600 Euro pro Asylbewerber und Jahr an die Kommunen. Ständig gebe es jedoch Debatten darüber. Damit soll Schluss sein. Die Kommunen wollen jetzt eine Abrechnung der tatsächlichen Unterbringungskosten, eine sogenannte Spitzabrechnung: wie sie beispielsweise in Bayern oder Mecklenburg-Vorpommern praktiziert werde. "Das bedeutet sicher einen erheblichen Aufwand", räumte der Geschäftsführer ein. Die Pauschale sei jedoch nicht kostendeckend, obwohl den Kommunen eine Erstattung der Ausgaben in voller Höhe zustehe. Dresden beispielsweise bleibe bei Gesamtkosten von rund 32 Millionen Euro 2015 auf einer Lücke von mehr als 11 Millionen Euro sitzen, hieß es in der Stadt.


Laut Innenstaatssekretär Michael Wilhelm (CDU) würden die Kommunen mit der Pauschale besser fahren. Bei einer Abrechnung der tatsächlichen Kosten sei der Aufwand erheblich. Rechnungen müssten geprüft, Standards festgesetzt werden.


Attacken auf OB-Familie


Woitscheck forderte den Freistaat auf, Gelder des Bundes für die Unterbringung der Asylbewerber vollständig an die Kommunen weiterzugeben. Von 50 Millionen Euro würden nur 38 durchgereicht. Die Kommunen kritisieren zudem die mangelnde Flexibilität beim Freistaat. So seien Gemeinden Fördergelder für die Ertüchtigung von leerstehenden Wohnungen verwehrt worden, weil die vor der Zuspitzung des Asylproblems noch für den Abriss vorgesehen gewesen seien. Der Verband mahnte den Freistaat, die Kommunen zügig mit Daten über die zu erwartenden Asylbewerber zu versorgen. Nur mit rechtzeitiger Information über Religionszugehörigkeit und Herkunftsländer könnten Konflikte in den Unterkünften vermieden werden. Insgesamt müsse sich die Kommunikation mit den Bürgermeistern verbessern.


Woitscheck räumte ein, dass es Bürgermeister gebe, die sich der Unterbringung von Asylbewerbern verweigern wollen. Das gehe natürlich nicht. Es sei aber auch für Bürgermeister nicht leicht. Bautzens Oberbürgermeister Christian Schramm (CDU), der auch Präsident des Städte- und Gemeindetags war, habe Ende 2014 fast zurücktreten wollen, weil es im Internet Drohungen gegen seine Familie gegeben habe. In Bautzen hatte es eine heftige Debatte um die Nutzung eines Hotels als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber gegeben. Bürgermeister sollten sich nicht scheuen, solche Dinge beim Operativen Abwehrzentrum (OAZ) gegen rechtsextremistische Straftaten anzuzeigen, sagte Woitscheck. Zur Jahresmitte hätten dort fast 30 Anzeigen vorgelegen.