Demo-Verbot für Legida bringt Leipzig unter Druck

Erstveröffentlicht: 
09.02.2015

Jung rechtfertigt Entscheidung mit Polizei-Notstand

Von Robert Nößler


Leipzig. Die Entscheidung der Stadt Leipzig, eine für heute geplante Legida-Demo wegen Polizistenmangels zu verbieten, hat eine Welle der Kritik ausgelöst. Das generelle Verbot sei nicht gerechtfertigt, sagte ein Sprecher des sächsischen Innenministers Markus Ulbig (CDU). Der Minister war selbst unter Druck geraten, nachdem er im Januar in Dresden eine Pegida-Demo aus Sicherheitsgründen abgesagt hatte.


Landespolizeipräsident Jürgen Georgie hält die Leipziger Entscheidung für unverhältnismäßig. Ähnlich äußerte sich Christian Hartmann, Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Mit den in der Stadt zur Verfügung stehenden Polizeikräften seien die Demonstrationen hinreichend abgesichert.
Ehemalige DDR-Bürgerrechtler kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung das Verbot scharf und zeigten sich empört, dass andererseits die geplanten Gegenveranstaltungen genehmigt wurden. "Die Stadt Leipzig erweckt dadurch den Eindruck, Sicherheitsinteressen bezüglich des Demonstrationsrechtes politisch zu interpretieren", betonten Gunter Weißgerber, Gesine Oltmanns, Uwe Schwabe, Tobias Hollitzer und Siegfried Reiprich. Die Kommune würde nach politischer Zweckmäßigkeit Gewalt verurteilen oder dulden.


Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) verteidigte das am Sonnabend verkündete Verbot. Es handle sich zwar um einen schwerwiegenden Eingriff in ein grundgesetzlich verbürgtes Recht, es würden aber die Kräfte zur Sicherstellung der Versammlungsfreiheit fehlen.
In Leipzig stehen laut Innenministerium heute maximal 1000 Beamte zur Verfügung. Weil parallel bei Pegida in Dresden und bei Cegida in Chemnitz demonstriert wird, könne Sachsen keine weiteren Beamten schicken. Nach Einschätzung der Leipziger Polizei sind jedoch mindestens 3100 nötig, um die Sicherheit bei der Demo zu gewährleisten, die zuletzt unter anderem von Rechtsextremisten und Hooligans besucht worden war.


Einige Kritiker des Demo-Verbots sehen die Schuld nicht bei der Kommune. Valentin Lippmann von den sächsischen Grünen sprach von einem "Armutszeugnis für den Freistaat", Leipzigs Linken-Chef Volker Külow von einer "politischen Bankrotterklärung der sächsischen Staatsregierung".


Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht das eigentliche Problem im Personalabbau. Zugleich bezweifelt er, dass die Leipziger Entscheidung Bestand hat. "Es ist fraglich, ob die Gerichte den Einwand, es herrsche polizeilicher Notstand, überhaupt gelten lassen. Sollten die Demonstrationen doch stattfinden dürfen, werden meine Kolleginnen und Kollegen bei der gewalttätigen Stimmung, die in Leipzig herrscht, dort verheizt werden."


Legida kündigte an, Rechtsmittel einzulegen und sprach von "staatlicher Willkür in Reinkultur". Im Internet gab es gestern Hinweise, dass Legida-Anhänger alternativ eine Spontandemo planen. Außerdem könnten sie sich unter die genehmigten Gegenveranstaltungen mischen.


In Dresden zog eine Kundgebung einer Pegida-Abspaltung gestern nur wenige Hundert Menschen an.