Vierter Fall in Leipzig: Thomas K. als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt

thomas k.

Mehr als ein Jahrzehnt nach der Tat ist der 2003 in Leipzig getötete Schüler Thomas K. als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt worden. Sein damals 19-jähriger Mörder René M. war später unter Einbeziehung einer anderen Strafe zu einer Jugendhaft von zehn Jahren verurteilt worden. Laut Gerichtsurteil gehörte der Täter einer Gruppe mit „ersichtlich rechtsnationaler Gesinnung“ an.

 

Der 16-jährige Thomas K. wurde vermutlich zufällig Opfer. Das Landgericht Leipzig rekonstruierte damals, dass der Täter sich vermeintliche DrogenkonsumentInnen zum Feindbild genommen und geplant hatte, einer anderen Person nachzustellen, um sie zu misshandeln. Zitat aus dem Gerichtssaal: „Ich wollte einen aufklatschen.“ Am Abend des 4. Oktober 2003 verfolgte der Täter dann aber Thomas K. In der Linkelstraße in Leipzig-Wahren stach er ihn mit einem Küchenmesser nieder und fügte ihm tödliche Verletzungen zu. Kurz nach Mitternacht wurde der Tod festgestellt.

 

Polizei kannte Urteil nicht


Trotz der Motivlage ging der Fall nicht in offizielle Opferstatistik ein – weil der Polizei das Urteil nicht bekannt war. Das teilte Sachsens Innenministerium nun überraschend auf eine Anfrage der Landtags-Abgeordneten Kerstin Köditz (Die LINKE) mit. Sie hatte sich bereits vor einem Jahr in einer parlamentarischen Anfrage nach dem Stand der Aufarbeitung so genannter „Altfälle“ im Freistaat erkundigt.

 

Nach dem Auffliegen des NSU sollte so nachträglich geprüft werden, ob bei früheren Tötungsdelikten mögliche rechtsmotivierte Motive nicht erkannt wurden. Das war bei Achmed Bachir der Fall, der 1996 in einem Gemüseladen in der Leipziger Südvorstadt erstochen wurde. Vor zwei Jahren wurde sein Fall schließlich anerkannt.

 

Vier Mordfälle in Leipzig anerkannt


Die Ermordung des Thomas K. ist den Behörden jedoch erst durch die Initiative der Linksfraktion bekannt und daraufhin ebenfalls überprüft geworden. Die kürzlich im Rathaus gezeigte Ausstellung „Die verschwiegenen Toten – Opfer rechter Gewalt in Leipzig seit 1990“ führt den Vorgang ausdrücklich auf auf und setzte sich gleichsam für eine Nachprüfung ein. „Von alleine passiert das in Sachsen leider nicht“, sagte Köditz heute konsterniert.

 

Nunmehr zählt Leipzig nach offizieller Statistik seit 1990 vier rechtsmotivierte Tötungsdelikte. Neben Thomas K. und Achmed Bachir zählen dazu der 2010 vor dem Hauptbahnhof erstochene Kamal K. sowie Nuno Lourenco. Er verstarb 1998, nachdem ihn Neonazis zusammengeschlagen hatten.