“Arbeitgebertage” stören!

Wir kommen um zu stören

Für Chefs und Vorgesetzte,‭ ‬die das letzte aus ihren Angestellten raus holen und sich von der Arbeitnehmervertretung nicht reinreden lassen wollen,‭ ‬gibt es jetzt Seminare.‭ ‬Richtig abmahnen,‭ ‬außerordentlich kündigen,‭ ‬Belegschaften aushorchen,‭ ‬spalten und dabei dem Betriebsrat seine Grenzen aufzeigen:‭ ‬Die besten Tricks und Kniffe wollen gelernt sein.‭ ‬Mit Hilfe professioneller Anwälte und Berater wird‘s möglich.‭ ‬Vom‭ ‬24.‭ ‬-‭ ‬26.‭ ‬September‭ ‬2014‭ ‬finden im AMERON Hotel Speicherstadt in Hamburg die‭ „‬Arbeitgebertage zum Brennpunkt Betriebsrat‭“ ‬statt.‭ ‬Dort sollen Personalchefs und Manager im systematischen Kampf gegen Gewerkschaften,‭ ‬Betriebsräte und unbequeme Beschäftigte geschult werden.

 

„‬Strategien,‭ ‬Rechtstipps und Praxiserfahrungen im Umgang mit dem Betriebsrat‭“ ‬will die Konferenz vermitteln.‭ ‬Was zunächst eher harmlos klingt,‭ ‬dürfte sich als Seminar mit einer recht eigenwilligen bis zwielichtigen Interpretation des Arbeitsrechts entpuppen.‭ ‬Der Veranstalter,‭ ‬die berüchtigte Firma BWRmedia,‭ ‬ist bekannt in Sachen Union-Busting.‭ ‬Der Begriff des Union-Busting umschreibt Beratungs-,‭ ‬Rechtsvertretungs-‭ ‬und Coaching-Angebote von Agenturen und Kanzleien,‭ ‬die sich auf die Bekämpfung von Gewerkschaften spezialisiert haben.‭ ‬Auch in Deutschland haben sich in den letzten Jahren vermehrt Dienstleister hervorgetan,‭ ‬die Gewerkschaftsarbeit behindern,‭ ‬Betriebe gewerkschaftsfrei halten und Rechte von Beschäftigten einschränken‭ ‬-‭ ‬auch in Unternehmen mit Betriebsrat.‭ ‬Dafür bewegen sie sich in einem rechtlichen Graubereich oder nehmen bewusst Rechtsbrüche in Kauf.‭ ‬Drangsalieren,‭ ‬Schikanieren und Mobben bis an die Grenze des Psychoterrors von aktiven Betriebsräten gehören zu den Methoden des Union-Busting.‭

 

Ein eindrückliches Beispiel dafür war der Arbeitskampf bei der Firma Neupack.‭ ‬Mit Beginn des Streiks Ende‭ ‬2012‭ ‬setzten die Eigentümer des Unternehmens Herrn Höck als Geschäftsführer ein,‭ ‬der mit allen Mitteln gegen die streikende Belegschaft vorging.‭ ‬Als Experte in Sachen Gewerkschaftsbashing ließ er bereits an den ersten Streiktagen Leiharbeiter_innen aus Polen einstellen,‭ ‬überhäufte die Gewerkschaft mit Klagen,‭ ‬mahnte einige Streikende ab und versuchte mehrfach,‭ ‬dem Betriebsratsvorsitzenden zu kündigen.‭

 

Ein weiteres Beispiel ist die Anwaltskanzlei Schreiner‭ ‬+‭ ‬Partner,‭ ‬die auch in Hamburg eine Niederlassung hat und bundesweit für ihre zweifelhaften Seminare bekannt ist.‭ ‬Schreiner‭ ‬+‭ ‬Partner bietet Schulungen für Personalverantwortliche zur Abmahnung und Gängelung von sogenannten Low-Performern sowie zu‭ „‬kreativen Kündigungen‭“ ‬von Betriebsräten und unliebsamen Mitarbeitern an.‭ ‬Hamburg hat sich zu einem zentralen Ort für die Akteure eines aggressiv kapitalhörigen Arbeitsrechts entwickelt.

 

Heute ist Teilen des Kapitals selbst die betriebliche Mitbestimmung schon zu viel.‭ ‬War sie historisch auch für viele Unternehmen eine erfolgversprechende Technik zur Entschärfung sozialer Widersprüche im Betrieb und der Identifikation der Beschäftigten mit der Produktion,‭ ‬haben sich die Zeiten offenbar geändert.‭ ‬Auch wenn die Gewerkschaften vielerorts an der Sozialpartnerschaft und dem Co-Management festhalten,‭ ‬wird der sogenannte Klassenkompromiss von Seiten des Kapitals zunehmend aufgekündigt.‭ ‬Kollektive Interessenvertretungen scheinen für viele Unternehmen von vorgestern zu sein,‭ ‬freischwebende Individuen und kleinteilig zerlegte konkurrierende Betriebseinheiten das Modell der Zukunft.‭

 

Die Prekarisierung von Beschäftigung,‭ ‬Konkurrenz am Arbeitsplatz,‭ ‬die staatliche Sanktionierung von Erwerbslosen und ein gesellschaftlich etablierter Arbeitsfetisch haben den Druck erhöht,‭ ‬schlechte Arbeitsverhältnisse zu akzeptieren.‭ ‬Man soll sich glücklich schätzen überhaupt einen Job zu haben‭ ‬-‭ ‬die Bedingungen,‭ ‬unter denen gearbeitet wird sind da fast egal.‭ ‬Dabei ist Lohnarbeit weder sinnstiftend noch unser ureigenes Bedürfnis,‭ ‬sondern die Unterordnung menschlicher Bedürfnisse unter die Anforderungen der kapitalistischen Produktionsweise.‭ ‬Sie wird zwar ideologisch zur natürlichsten Sache der Welt verklärt,‭ ‬ist aber der spezifische Ausdruck kapitalistischer Verhältnisse,‭ ‬in denen zur Vermehrung privaten Eigentums gearbeitet wird.‭ ‬Das staatlich garantierte Recht auf Privateigentum bedeutet,‭ ‬dass die Verwertung von Kapital und der Profit‭ ‬-‭ ‬nicht die Bedürfnisse der Menschen‭ ‬-‭ ‬zum Zweck der Produktion geworden sind.‭ ‬Unter diesen Verhältnissen sind wir vom Lohn abhängig.‭ ‬Wir sind zwar frei,‭ ‬unsere Arbeitskraft auf dem Markt zu verkaufen,‭ ‬aber auch frei von Produktionsmitteln und daher gezwungen,‭ ‬durch Lohnarbeit unsere Existenz zu sichern.

 

Wenn Institute und Anwaltskanzleien professionelle Beratung für Chefs und Personaler anbieten,‭ ‬wie sich Arbeitskräfte auch in Zukunft optimal verwerten und potentielle Störenfriede aus dem Weg räumen lassen,‭ ‬sollte die radikale Linke nicht schweigen.‭ ‬Bei aller Skepsis gegenüber vielen Gewerkschaften und Betriebsräten,‭ ‬stellen die Methoden des Union-Busting einen Angriff auf alle Lohnabhängigen dar.‭ ‬Für uns ist klar,‭ ‬dass uns mit einem‭ „‬gerechten Lohn‭“ ‬und‭ „‬netten Chefs‭“ ‬nicht geholfen ist.‭ ‬Allein bessere Arbeitsbedingungen oder günstigere Regelungen für betriebliche Mitbestimmung sind nicht genug.‭ ‬Wir wollen alles:‭ ‬Raus aus dem ewigen Hamsterrad von Lohnarbeit,‭ ‬Kapitalverwertung und Konkurrenz.‭ ‬Das Wegducken,‭ ‬Fressehalten und Funktionieren am Arbeitsplatz ist Resultat der kulturellen Disziplinierung der Arbeitskräfte durch Staat und Kapital.‭ ‬Aber die Verweigerung des Mitmachens,‭ ‬jede Irritation des Arbeitsalltags,‭ ‬praktische Sabotage und nicht zuletzt kollektive Organisierungsansätze durchbrechen die reibungslose Verwertung und sind notwendige Voraussetzung für betriebliche und gesellschaftliche Verbesserungen.‭ ‬Durch gut zureden oder Appelle an den Rechtsstaat hat sich das Kapital noch nie beeindrucken lassen.‭ ‬Wenn wir wollen,‭ ‬dass sich grundlegend etwas zum Besseren verändert,‭ ‬kommen wir nicht daran vorbei den Klassenkampf aufzunehmen.

 

Für mehr Organisierung, Streiks und soziale Kämpfe – Kapitalismus abschaffen!

 

KUNDGEBUNG:
Mittwoch – 24. September 2014 – 17:30 Uhr
Kannengießerort/Pickhuben (Hafencity) – Hamburg

 

Projekt Revolutionäre Perspektive (PRP) /// www.prp-hamburg.org