Burschenschaftskommers in München

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Fang den Hut!

Am 16.10.2009 findet in dem von Bund und Freistaat mit finanziellen Mitteln ausgestatteten „Sudetendeutschen Haus“ in der Hochstr.8 nähe Rosenheimer Platz ein Kommers der „Deutschen Burschenschaft (DB)“ unter dem Motto „2000 Jahre Hermannsschlacht“ statt. Burschenschaften sind studentische Verbindungen mit politischer Ausrichtung, in Tradition eines geschichtlichen Deutschnationalismus dessen wesentliche Bestandteile aus Antisemitismus, Heterosexismus, elitärem und völkischem Denken bestehen.

 

Deutschnationalismus und völkisches Denken


Die „Deutsche Burschenschaft (DB)“ als Dachverband ist zweifelsohne der äußerst rechte Rand des akademischen Korporationswesens. Nach eigenen Angaben umfasst sie derzeit ca. 15.000 Mitgliedern, die in ungefähr 120 Burschenschaften organisiert sind. Der 1902 aus dem 1881 gegründeten Allgemeinen Deputierten-Convent (ADC) hervorgegangene Verband wurde 1935 freiwillig in den NS-Studentenbund überführt, „weil sie nichts anderes als Nationalsozialisten sein wollten“ und schließlich 1950 neu gegründet.
Die Aktivitäten des Dachverbandes und seiner Mitglieder sind damals wie heute von einem rechten, reaktionären Kurs gekennzeichnet. Dieser zeigt sich z. B. deutlich daran, dass in Mitgliedsverbindungen keine Frauen, Juden, Ausländer, Homosexuelle und Kriegsdienstverweigerer aufgenommen werden dürfen.
Ihre ideologische Basis stützt sich auf einen völkischen Nationalismus. So prangert die DB in geschichtsrevisionistischer Manier regelmäßig die Oder-Neiße-Grenze an. Mitunter werden Forderungen nach einem „Deutschland im Ganzen“ laut, das noch über die völkerrechtlichen Grenzen von 1937 hinausgehen solle: Teile Osteuropas, das sogenannte Sudetenland, Österreich und Südtirol, aber auch französisches sowie belgisches Territorium und vieles andere mehr sind ihrer Auffassung nach „deutsch“. Entsprechend verkündet die DB auf ihrer Homepage: „Die deutsche Burschenschaft sieht das deutsche Vaterland unabhängig von staatlichen Grenzen in einem freien und einigen Europa, welches Osteuropa einschließt.“
Ferner existieren laut der DB grundsätzliche und unabänderliche Unterschiede zwischen „Völkern“. Dem „deutschen Volk“ kommt dabei in burschenschaftlicher Politik eine besondere Rolle zu. So gilt beispielsweise ein in Polen geborener Mensch mit deutschen Eltern als „deutsch“, während ein in Deutschland geborener Mensch türkischer Abstammung als „undeutsch“ angesehen wird und ihm somit die Mitgliedschaft in einer Burschenschaft verwehrt bleibt.
Burschenschaften fungieren häufig als Schnittpunkt zwischen Hochschule und rechtsextremen Spektrum, wie beispielsweise personelle Übereinstimmungen zwischen Burschenschaftlern und der NPD, REP, Kameradschaften oder der verbotenen HDJ sowie ideologische Schnittstellen zeigen. Beispielsweise gehören Jürgen Gansel und Arne Schirmer der NPD-Fraktion im sächsischen Landtag einer Burschenschaft an. Auch fanden sich auf der Referentenliste Münchner Burschenschaften in den letzten Jahren unter anderem der verurteilte Holocaustleugner Horst Mahler, der Südtirolterrorist Peter Kienesberger oder auch Gerhard Schulze-Rohnhoff, der die Schuld Deutschlands am zweiten Weltkrieg relativiert, sowie viele andere.

 

„Ganze Kerle“?


Studentenverbindungen und insbesondere Burschenschaften sind heterosexistische Männerbünde. Dies zeigt sich nicht nur dadurch, dass keine oder kaum Frauen aufgenommen werden, sondern auch am Umgang mit ihnen sowie den Geschlechtsbildern, die von den Burschenschaften vertreten werden. So werden Frauen vielmehr als „Damen“, d.h. als „schmückendes Beiwerk“ oder „Aushängeschilder“ „ihrer“ Männer angesehen. Den vermeintliche „weibliche“ Charakterzüge wie Emotionalität und Schwäche passen, so wird argumentiert, nicht zu den angeblich „männlichen“ Idealen, wie z.B. Ehre, Mut oder oder Kameradschaft. Es wird also eine biologistische Sichtweise vertreten, nach der neben den körperlichen Unterschieden, auch oben aufgezählte Verhaltensweisen biologisch vorgegeben seien. Damit wird eine reaktionäre und konservative Sichtweise auf Geschlechtlichkeit in verschärfter Weise reproduziert und ein Geschlechterverhältnis verfestigt, das auf die Einteilung in zwei Geschlechter gründet. Hierüber funktioniert auch der Ausschluss all derjeniger, die nicht in diese Kategorien einzuteilen sind, d. h. Homosexuelle, Transsexuelle oder einfach Queers.

 

Burschenschaft Danubia


In München befindet sich eine der relevantesten Burschenschaften des deutschnationalen Spektrums. Die bundesweit bekannte Burschenschaft „Danubia zu München“, die unter anderem durch ihre Verwicklung in dem rassistischen Überfall auf einen Griechen im Jahr 2001 Aufsehen erregte, der nach einer gemeinsamen Feier von Martin Wiese (Rechtsterrorist) und Rainer Mehr (Danubia) von einigen Gästen ausging. Der Haupttäter versteckte sich auf der Flucht vor der Polizei im Bierkeller der Danubia, wo ihn der Neonazi-Liedermacher Michael Müller abgeliefert hatte. Trotz des dadurch erreichten zweifelhaften Bekanntheitsgrades und der Tatsache, dass die Burschenschaft Danubia im Verfassungsschutzbericht erwähnt und als rechtsextrem eingestuft wird, hat ihr Ansehen, auch innerhalb des Dachverbandes „Deutsche Burschenschaft“, keinen Schaden genommen.
Spätestens bei näherer Betrachtung der seit den 80er Jahren regelmäßig stattfindenden „Bogenhausener Gespräche“ wird deutlich, dass die Danubia eine zentrale Rolle bei der Formierung der neuen Rechten spielt. Dort traten unter anderem Holocaustleugner wie Wilhelm Stäglich (Autor des Buches „Der Auschwitz-Mythos – Legende oder Wahrheit“) sowie der ehemalige NPD-Bundesvorsitzende Günther Deckert auf. Die Danubia dürfte auch die treibende Kraft für den am 16.10.2009 stattfindenden Kommers sein. Dort ist Dr. Hans Merkel (CSU), seines Zeichens Ministerialpräsident a.D., als Festredner eingeladen. Dieser fiel in der Vergangenheit durch klar geschichtsrevisionistische und rechtsextreme Äußerungen auf. So hetzte er 2004 in Nürnberg: „Das Innenleben des Reichstags […] wird man in einer Zeit besserer deutscher Charakterverfassung von seinem Bolschewikenschmuck wieder befreien können. Was uns aber bis auf weiteres leider bleiben wird, ist das im Bau befindliche Berliner Holocaustmal.“

 

Kampf ums Ganze !


Trotz all dieser Punkte ist es falsch anzunehmen, das Burschenschaften mit nazistischen Organisationen gleichzusetzen sind. Wir wollen nicht das alte Schwarz-Weiß-Schema von Nazi vs. Nicht-Nazi reproduzieren, weil es gar nicht notwendig ist, um die Problematik des Verbindungswesen zu erfassen.
Eines sind die Burschenschaften nämlich alle: nationalistisch. Und das trennt sie weder vom großen Rest der Bundesbürger, noch macht sie das zu unpolitischen Akteuren, sondern vielmehr zu einem Teil der deutschen Normalität, den es gerade auch deswegen anzugehen lohnt. Deshalb wollen wir am 16.10.2009 nicht nur gegen den Burschenschafts Kommers auf die Straße gehen, sondern richten uns vielmehr gegen den rassistischen, nationalistischen und sexistischen Normalzustand in der BRD.

 

Infoveranstaltung:
14.10.09, 20.00 Uhr, Kafe Marat (Thalkirchnerstr. 104/II. Aufgang)


Antifaschistische Kundgebung:
16.10.09, 19.00 Uhr, Ecke Rosenheimer-/Hochstraße

 

weitere Infos unter: ramuc.blogsport.de