Wie sich Motorola die Polizeiarbeit der Zukunft vorstellt

Erstveröffentlicht: 
28.06.2014

Die Polizeiarbeit wird durch dynamische Lagebilder geprägt, durch Big Data und Live-Video. Alle Einheiten sind per LTE, WLAN und TETRA-Sprechfunk vernetzt. Das stellt der Netzwerkzulieferer im LTE-Testcenter im britischen Basingstoke vor.

 

Motorola Solutions hat internationalen Pressevertretern sein neues Mission Critical Solutions Centre vorgestellt. Hier sollen Polizei- wie Kommunikationsspezialisten erproben, welche Techniken in Zukunft die Polizeiarbeit prägen werden. Mit an Bord ist der Netzwerkzulieferer Ericsson als Spezialist für LTE-Entwicklung im Bereich eNodeB. Zur Eröffnung des Forschungslabors wurde das neue LTE-Smartphone LEX755 für die Polizeiarbeit vor Ort präsentiert.

Technisch besteht die Polizeiarbeit nach Auffassung von Paul Steinberg, CTO bei Motorola Solutions, schon heute zu 70 Prozent aus "predictive Policing", also aus der Analyse von Video- und Audiomaterial, Social Media und Big Data, flankiert mit eigenen Falldatenbeständen. In naher Zukunft soll diese vorausschauende Polizeiarbeit 90 Prozent des Polizeialltages ausmachen.

 

Sensoren registrieren Gesundheitszustand oder gezogene Waffe

 

Zu dem, was die IT in Form von "anticipatory Computing" beiträgt, gehört eine Vielzahl von Geräten, die der Polizei vor Ort zuarbeitet. Der Polizist der Zukunft ist mit Helmkamera, einer Computerbrille und zahlreichen Sensoren ausgerüstet, die seinen Gesundheitszustand messen oder melden, wenn er seine Waffe zieht. Er bedient den Sprechfunk via TETRA, sein Einsatz-Smartphone und ein Tablet. Sein als WLAN-Hotspot fahrender Einsatzwagen ist mindestens mit sechs Kameras ausgerüstet, die "alles aufzeichnen" und je nach Lage direkt in die Einssatzzentrale schicken.

 

Damit all dies reibungslos funktioniert, ist die extensive Nutzung der LTE-Funkleistung im Bereich des Evolved Packet Core (EPC) eine entscheidende technologische Komponente. In der Vorstellung von Motorola Solutions wird die Polizei in Zukunft entweder über eigene LTE-Netze (und entsprechend breite Frequenzbänder) verfügen oder mit virtuellen Netzanbietern (MVNO) zusammenarbeiten, die sich auf den Bereich der öffentlichen Sicherheit spezialisiert haben. Gemäß ihrem Nutzungsauftrag sollen solche Netzanbieter in der Lage sein, über die Preemption (Priorisierung von Kommunikationsleistungen) ihren staatlichen Mandanten die benötigte Bandbreite zu sichern, wenn es zu Kapazitätsengpässen kommt.

 

Live-Videos von Überwachungs-, Helm- und Fahrzeugkamera

 

Zur Eröffnung des Forschungslabors zeigte Motorola, was mit LTE schon heute möglich ist. Bis zu sechs Live-Videos von Überwachungskameras, Helmkameras und Fahrzeugkameras wurden auf dem Großschirm in der Einsatzzentrale zusammengeschaltet. Beim "Polizeieinsatz" (simuliert wurde die Bombensuche auf einem Parkplatz) wurde zudem auf gespeichertes Videomaterial zurückgegriffen, um den "Terroristen" zu finden, sein Gesicht zu isolieren und dies mit britischen Pass- und Führerschein-Datenbanken abzugleichen. Mittels der Live-Video-Analyse von NeoFace konnte das Gesicht in wenigen Minuten dem entsprechenden Datenbankeintrag eines Motorola-Mitarbeiters zugeordnet werden.

 

Ob das Zusammenspiel von Video, antizipierenden Computern und LTE-Technik tatsächlich Realität wird, hängt auf der technischen Seite entscheidend von der Bandbreite ab, die bei der Umverteilung der digitalen Dividende für die Polizei beziehungsweise für die Blaulichtbehörden zur Verfügung steht. Vor wenigen Tagen forderte darum die Gewerkschaft der Polizei für alle deutschen Polizei- und Sicherheitsdienste einen angemessenen Anteil am Breitbandnetz. Man möchte erreichen, dass ein angemessener Anteil des 700-MHz-Bandes "für die Polizeien von Bund und Ländern exklusiv und unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird", heißt es in der Stellungnahme, die auf zügige Umsetzung drängt. Man wolle nicht wie bei der Einführung des TETRA-Digitalfunks das Schlusslicht Europas sein.

 

[Update]: In einer früheren Fassung des Beitrags war nur von Motorola die Rede. Die Firma heißt korrekt Motorola Solutions und beschäftigt sich nach dem noch abzuwickelnden Verkauf der Business-Sparte an Zebra Technologies ausschließlich mit "Public Safety".