[Turin] Brief von Niccoló aus dem Gefängnis

tuttiliberi

 Niccoló Angelino ist einer von vier seit dem 9. Dezember unter Anschuldigung der Begehung einer terroristischen Tat in Zusammenhang mit einer einfachen Sachbeschädigung inhaftierten No Tav. Alle sitzen seit einem halben Jahr in Isolationshaft. Ein Urteil des Kassationshofes über die Begründung der Sicherungsmaßnahmen ließ eine Lockerung der Bedingungen bis hin zur Freilassung erhoffen. Nach dem er mit zwei weiteren aus dieser Gruppe, die einer terroristischen Tat beschuldigt werden, wurde er am 3. Juni im Zuge einer großangelegten Maßnahme der Justizbehörde, die 111 Personen aus ganz Italien traf, ein weiteres Mal verhaftet. Seit heute ist Niccoló in den Hungerstreik getreten.

 

Es folgt die Übersetzung einer auf der Webseite Macerie veröffentlichte Erklärung Niccolós



Im Zuber



Aus der Sektion D des Gefängnisses Le Vallette, ein Communiqué von Nico, der ebenfalls im Zuge der Ermittlungen vom 3. Juni verhaftet wurde.



Update vom 19. 6. 2014:



Nico ist am Dienstag nicht vom Hofgang zurückgekommen. Die Schließer haben ihn daraufhin in die Zelle getragen, Der Inspektor hat ihm gedroht, eine "Meldung" zu machen, so hat Nico am Mittwoch mit dem Hungerstreik begonnen.

 

 

[Es folgt Nicos Brief bzw. Erklärung, d. Ü.]

 

 

Sonntag, 15. Juni 2014, Gefängnis Le Vallette



"Mein Name ist Nicoló Angelino. Ich wurde am Dienstag, den 3. Juni im Zuge einer polizeilichen Operation verhaftet, die darauf abzielt, das schönste Abenteuer meines Lebens zu vernichten.



Das ist ein sinnloser Wunschgedanke der Staatsanwaltschaft.



Seit dem Tag bin ich in einer Einzelzelle im Block D eingesperrt. Sie ist sauber, frisch gestrichen, und duftig. Zum Kotzen. Die Zellentür mit der Klappe ist offen, die Gittertür ist aber 23 Stunden am Tag verschlossen. Sie öffnet und schließt sich ausschließlich dann, wenn ich zu meiner Stunde Hofgang gehe.



Mit den anderen Gefangenen durch die Gitter zu sprechen ist ergreifend, obwohl sie sehr sympatisch sind ist das Unbehagen auf beiden Seiten aber deutlich sichtbar. Hier auf der Etage habe ich keine Komplizen und keine Hoffnung, welche zu finden. Einige sind in Isolation, 24 Stunden am Tag unter Therapie, die anderen, die, die ich sehe, sind arbeitende Gefangene. Sie genießen sämtliche Privilegien, die eine Haftanstaltsverwaltung bieten kann und sie werden sich nicht für mich aufs Spiel setzen.



Die Anschuldigungen wegen denen ich Sicherungsmaßnahmen unterworfen bin sind derart geringfügig, dass sie alles verraten: ich werde zum Zweck meiner Isolation, wegen meinen Ideen inhaftiert und einem para-speziellen Regime unterworfen, um mich unschädlich zu machen und mich daran zu hindern zu kämpfen.



Morgen, Montag, den 16. Juni werde ich nicht freiwillig vom Hofgang zurück kommen, weil ich verlange, dass meine Zelle tagsüber offen bleibt oder dass man mich in einen normalen Trakt verlegt. Das Gleiche wird an den beiden Folgetagen geschehen. Wenn man mich während des Protests mit Isolation bzw. mit dem Entzug des Hofgangs bestrafen oder ich nicht das erhoffte Resultat erzielen sollte, werde ich in den Hungerstreik treten. Nicht, weil meine Haftbedingungungen unmenschlich sind, oder weil meine Behandlung einen Missbrauchsakt der Vollzugsverwaltung darstellt, sondern ganz einfach weil es mir nicht passt.



Ich habe keine Lust mehr, einen Schließer zu fragen, ob ich etwas Obst bekommen kann. Ich will es mir selbst holen, wenn ich Lust darauf habe, wie die anderen. Ich will mit den anderen Gefangenen sprechen, ohne dass uns Gitter trennen.



Ich weiß, dass mich das Instrument des Hungerstreiks nicht gerade auf ein beglückendes Kampfterrain führt. Er ist in dieser Situation der Isolation, der Abwesenheit von Komplizen und der ausufernden Übermacht der Schließer aber das einzige Instrument, das das Kräfteverhältnis zwischen mir und meinen Schlüsselträgern umkehren kann.

Ich werde erhobenen Hauptes und mit der Gewissheit Eurer Wärme kämpfen, mit der gleichen Wut und der gleichen Gelassenheit derjenigen, die zu anderen Zeiten und an anderen

 

 

Wie auch immer es ausgeht, wird dieses Wasser in das gleiche Meer fließen und es ist nicht so wichtig, ob ich das, was ich will bekommen werde.



Nur kämpfend will ich leben.



Eine herzenswarme Umarmung an alle Gefangene.



Freiheit für Alle



Feuer und Flamme auf die Knäste.





 

Um Niccoló zu schreiben:



Nicolò Angelino



C.C. "Lorusso e Cutugno"

 

Via M. A. Aglietta, 35

 

10151 Torino



Italien

 

 

Orten sich in stürmische Ozeane geworfen haben, die weit größer waren, als der Zuber in dem ich mich wiederfinde.