Regierung zur Deutschen Burschenschaft: "Vereinzelt" Kontakt zu Rechtsextremen

Erstveröffentlicht: 
17.06.2014

Die stramm rechten Akademiker und völkischen Ideologen der Deutschen Burschenschaft haben von der Politik derzeit nichts zu fürchten: Es gebe kaum Kontakte zu Rechtsextremen, sagt die Bundesregierung. Die Opposition ist entsetzt.

 

Handelt es sich um einen "demokratischen Studentenverband"? Bestehen Kontakte zur NPD? Werden Burschenschaften vom Verfassungsschutz beobachtet? Die Bundestagsfraktion Die Linke hat die Regierung zu rechtsextremen Tendenzen in der Deutschen Burschenschaft (DB) befragt. Das Ergebnis: "Die überwiegende Anzahl der Mitgliedsburschenschaften unterhält keine Kontakt zu Rechtsextremisten", so antwortet die Bundesregierung auf die Kleine Anfrage. Nur "vereinzelt" gebe es Kontakte zwischen dem Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB) und rechtsextremistischen Personen oder Organisationen.

 

Die innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Ulla Jelpke, kommt zu einer anderen Einschätzung: Der Dachverband sei zu einem "harten rechtsextremen Kern zusammen geschrumpft", teilt sie mit. Doch weiterhin schütze die Regierung den Verband. Warum? Weil die Bundesregierung Rücksicht nehme auf die Alten Herren in Wirtschaft und Politik, erklärt Jelpke. "Diese Verharmlosung der Neonazis in Nadelstreifen muss endlich ein Ende haben."

 

Tatsächlich beobachtet der Verfassungschutz inzwischen einzelne Mitgliedsburschenschaften; darunter die "Burschenschaft Danubia" in Bayern, die "Dresdensia Rugia" in Hessen sowie die "Hamburger Burschenschaft Germania" und die "Pennalen Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg". Trotzdem betont die Bundesregierung erneut in ihrer Antwort: Auch zum jetzigen Zeitpunkt lägen nicht hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die DB Bestrebungen verfolge, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet seien. Zu dieser Einschätzung war die Regierung schon früher gekommen.

 

Sächsischer Verfassungsschützer in der Kritik

 

In den vergangenen Jahren hatte der Dachverband immer wieder Aufsehen erregt: Da waren die mehrfachen "Ariernachweis"-Anträge, da war die Verunglimpfung von Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus, die Forderung nach Institutionen zur Bekämpfung der angeblich in der Gesellschaft vorherrschenden "Deutschenfeindlichkeit", da waren krudeste Thesen in Verbandsblättern und auf Flugzetteln. Zahlreiche eher liberal-konservative Bünde haben den Dachverband inzwischen aus Protest verlassen. Die Linksfraktion vermutet in ihrer Anfrage: Zumindest bei einigen Bünden dürfte der Austritt eher pragmatischer als inhaltlicher Natur sein - denn der Verbleib im Dachverband erscheine zunehmend karriereschädigend.

 

Etwas unbequem wird es in dem Zusammenhang gerade für Gordian Meyer-Plath, Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz (LFV) in Sachsen. Er ist während des Studiums der Bonner Burschenschaft Marchia beigetreten, seit seinem Examen im Jahr 1993 ist er "Alter Herr", teilte er mit. Die Mitgliedschaft wurde erst jetzt öffentlich bekannt, er habe sie aber nie verheimlicht, betonte Meyer-Plath, sie sei lediglich Privatsache: "Sie ist Ausdruck meines privaten Engagements für Gesellschaft und Demokratie und nicht in allen beruflichen Zusammenhängen relevant."

 

Die Burschenschaft Marchia hat 2011 aus Protest die DB verlassen. Der Dachverband sei "nicht reformierbar", heißt es auf der Webseite des Verbandes. Tatsächlich gilt die Marchia nicht als rechts. Trotzdem kritisiert Linke und Grüne in Sachsen den Präsidenten nun scharf: "Die Nähe vieler burschenschaftlicher Verbindungen zu rechtsextremen Strukturen oder zumindest zu völkischem Gedankengut ist bekannt", sagte etwa der Rechtsextremismusexperte der Grünen, Miro Jennerjahn, dem MDR.

 

Die Sprecherin der Linksfraktion für Antifaschistische Politik, Kerstin Köditz, teilte mit: Das, was Meyer-Plath als Privatsache bagatellisiere, sei in Wirklichkeit hochpolitisch; personelle Konsequenzen halte sie deswegen für unerlässlich. In der Vergangenheit habe sie jährlich Kleine Anfragen zu rechtsextremistischen Aktivitäten an sächsischen Hochschulen eingereicht. Die Antwort der Landesregierung habe stets gelautet: Es lägen keine Erkenntnisse vor. Dazu teilte Jennerjahn mit: "Es steht zumindest zu befürchten, dass es erhebliche 'Beißhemmungen' des LFV gegenüber der Wahrnehmung und Beschreibung solcher Strukturen gibt, wenn der Präsident dieser Behörde selbst Mitglied einer Burschenschaft ist."

 

Meyer-Plath glaubt nicht, dass er als "Alter Herr" gehemmt ist. Im Gegenteil: Er sei für extremistische Bestrebungen und für "fehlgeleitete Strömungen innerhalb studentischer Verbindungen" besonders sensibel. Schließlich verpflichtet sich seine Burschenschaft "zum Widerstand gegen politischen Extremismus nationalistischer oder sozialistischer Prägung wie auch gegen religiösen und weltanschaulichen Fanatismus", so schreibt sie es auf ihrer Webseite. Dort steht auch: "Wir sind eine pflichtschlagende Verbindung, die sich zu den Grundsätzen Freiheit, Ehre, Vaterland und Fest, Treu, Wahr bekennt."