Grünen-Stadtrat Stefan Seitz steht am Pranger. In der Sitzung des Gemeinderats am Dienstagabend warf ihm OB Jörg Albrecht "Vertrauensbruch, untragbares Verhalten und Störung der weiteren Zusammenarbeit" vor. Harald Gmelin, Sprecher der Fraktion der Freien Wähler, ging sogar noch weiter: "Wir legen Herrn Seitz nahe, sein Mandat als Gemeinderat ab sofort zumindest ruhen zu lassen." Was war geschehen?
Stefan Seitz hat im Vorfeld der angemeldeten Kundgebung rechter Gruppen am Samstag, 5. April, offenbar vertrauliche Inhalte einer nicht öffentlichen Sitzung des Hauptausschusses zu eben diesem rechten Aufmarsch per E-Mail an fünf bis sechs Personen des Bündnisses für Toleranz geschickt. Und das auch noch direkt nach der Sitzung. "Herr Seitz hat damit unsere gerade beratene und beschlossene Vorgehensweise unberechtigt aus nicht öffentlicher Sitzung weitergeleitet, was unsere Strategie natürlich ad absurdum geführt hat", gab Jörg Albrecht am Dienstag bekannt. "Ignorieren statt demonstrieren" hatten sich die Räte ihre Taktik für die Rechtsveranstaltung zurecht gelegt. Der Ausschuss hatte nach den Worten Albrechts ihn als Stadtchef beauftragt mit dem Bündnis für Toleranz und den Medien Kontakt aufzunehmen. "Dies war dann hinfällig, nachdem schon am nächsten Morgen Reaktionen des Bündnisses und anderer Gruppen vorlagen", so der OB.
Was Albrecht Seitz vor allem vorwirft, sind Wertungen des beschlossenen Vorgehens der Räte in dem ominösen E-Mail. Dort schrieb Seitz, man habe eine "zögerliche Haltung" und sei "so schön bequem", was Maßnahmen gegen rechts angingen. Damit habe Seitz den Gemeinderat und die Verwaltungsspitze in eine Ecke gestellt, in die man absolut nicht gehöre. Der Grünen-Stadtrat habe nicht nur Sachen aus der nicht öffentlichen Sitzung ausgeplaudert, er habe damit letztlich auch die Gegenseite informiert. "So haben sie auch billigend in Kauf genommen, dass die Situation hätte eskalieren können", warf Albrecht dem Beschuldigten vor.
Dass Jörg Albrecht damit nicht ganz unrecht hat, beweist der "Shitstorm" im Internet, der wohl auf diesen Informationen und der Wertung derselben von Seitz basiert. So wurde die Familie Albrecht einschließlich Frau und Kinder bedroht. "Wir standen zwei Tage lang unter Polizeischutz", verriet das Stadtoberhaupt der RNZ auf Nachfrage. Seitz habe sich dafür noch nicht einmal rechtzeitig entschuldigt, teilte Albrecht dem Gremium mit.
OB Jörg Albrecht liegt das bewusste E-Mail vor, so dass Stefan Seitz aus dieser Nummer nicht herauskam. Er betonte nur: "Ich habe dieses Mail dem Bündnis geschickt, weil ich es für die Stadt schon so oft getan habe." Von den Drohungen gegen die Familie Albrecht habe er erst spät erfahren.
Das Fehlverhalten des Grünen-Vertreters könnte nun auch noch rechtliche Konsequenzen haben. "Vom erhobenen Zeigefinger, über eine Ermahnung bis hin zu einer Geldstrafe von bis zu 1800 Euro", so Jörg Albrecht. Der Gemeinderat entscheidet über das weitere Vorgehen.