Wehrtechnisches Gipfeltreffen

Erstveröffentlicht: 
30.04.2014

(Eigener Bericht) - Die Bundeswehr unterhält auf der diesjährigen Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin erneut die größte Messepräsenz. Bei der für Ende Mai anberaumten Veranstaltung zeigt sie unter anderem Kampfjets, Helikopter und Aufklärungsdrohnen. Eine von den deutschen Streitkräften als "Fähigkeitsdarstellung" titulierte Flugshow verschiedener militärischer Luftfahrzeuge soll den Zuschauern das "Zusammenwirken von Waffensystemen im Verbund" demonstrieren. Damit will sich die Bundeswehr nach eigenen Angaben nicht nur als "moderne Armee im Einsatz", sondern auch als "attraktiver Arbeitgeber" in Szene setzen. Die Veranstalter der ILA, allen voran der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI), bezeichnen die Exposition ihrerseits als "Internationales 'Gipfeltreffen' für Sicherheit und Verteidigung" respektive als "eine der bedeutenden Wehrtechnik-Messen Europas". Im Mittelpunkt stehen dabei dieses Jahr türkische Rüstungsunternehmen; die Türkei fungiert als offizielles "Partnerland" der ILA.

 

Größter Einzelaussteller

Wie die Bundeswehr mitteilt, ist sie erneut "größter Einzelaussteller" der diesjährigen Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin. Man wolle die für die Zeit vom 20. bis zum 25. Mai anberaumte Veranstaltung nutzen, um sich als "moderne Armee im Einsatz" zu präsentieren, heißt es. Geplant ist nach eigenen Angaben, auf einem mehr als 10.000 Quadratmeter großen Freigelände Kampfjets, Helikopter und Aufklärungsdrohnen zu zeigen. Höhepunkt des ILA-Auftritts der deutschen Streitkräfte ist eine an mehreren Messetagen vorgesehene Flugshow unter der Bezeichnung "Willfire 2014". Bei der als "Fähigkeitsdarstellung" titulierten Vorführung sollen vier Tornado-Kampfjets, zwei Eurofighter, zwei Kampfhubschrauber "Tiger", ein Transall-Transportflugzeug und ein Tankflieger vom Typ Airbus "am Himmel das Zusammenspiel militärischer Kräfte demonstrieren", erklärt die Bundeswehr. Ziel sei es, "das Zusammenwirken von Waffensystemen im Verbund ... einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen".[1]
"Immer wieder Spaß"
Gleichzeitig will das deutsche Militär laut eigener Aussage die der ILA entgegengebrachte "mediale Aufmerksamkeit" und das erwartete hohe Besucheraufkommen von mehr als 200.000 Menschen dazu nutzen, sich als "attraktiver Arbeitgeber" zu präsentieren. Für an einer Berufslaufbahn bei der Bundeswehr Interessierte wird daher eigens ein "Karriere-Truck" mit Werbematerialien aller Art bereitstehen.[2] Die Rekrutierungsstrategie der deutschen Streitkräfte zielt dabei insbesondere auf technikbegeisterte Jugendliche, denen neben einer anspruchsvollen Tätigkeit und einer guten Bezahlung Spannung und Abenteuer in Aussicht gestellt werden. So erklärt etwa ein Transall-Pilot der Luftwaffe in einem zu Werbezwecken verfassten Porträt, wie es in den "Karriere-Trucks" zu finden ist: "In Afghanistan gehen wir bei einer Landung deutlich steiler und damit auch schneller runter, um die Risiken bei Beschuss zu minimieren." Weiter heißt es: "Wir ... unterstützen die Luftlandetruppen oder das Kommando Spezialkräfte. Beispielsweise springen aus unserer Transall Fallschirmjäger ab."[3] Ein ebenfalls mit dem Ziel der Nachwuchsrekrutierung porträtierter Fluggerätemechaniker betont nicht nur seine "hohe Verantwortung" für das Wohlergehen der Kampffliegerbesatzungen, sondern berichtet zudem, dass er an Schießübungen "immer wieder Spaß" habe.[4]
CareerCenter und UAS-Plaza
Die ILA-Veranstalter, der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) und die Berliner Messegesellschaft, unterhalten ihrerseits wie in den vergangenen Jahren ein "CareerCenter" zur Personalrekrutierung (german-foreign-policy.com berichtete [5]). Da der "Fachkräftemangel" bei Flugzeugherstellern ein "brennendes Thema" sei, biete man interessierten Firmen die Möglichkeit, "gezielt mit Studenten, Berufsanfängern und Nachwuchskräften in Kontakt" zu kommen, heißt es.[6] Das Angebot dürfte insbesondere auch an Unternehmen der Rüstungswirtschaft gerichtet sein - schließlich bezeichnen die Veranstalter die ILA als "Internationales 'Gipfeltreffen' für Sicherheit und Verteidigung" respektive als "eine der bedeutenden Wehrtechnik-Messen Europas".[7] In der Tat weist das offizielle Ausstellerverzeichnis rund 90 Waffenschmieden aus, darunter zahlreiche deutsch-europäische Branchengrößen wie EADS/Airbus, Diehl, Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann oder der Lenkwaffen- und Raketenhersteller MBDA. Für die Produzenten von Kampfdrohnen, sogenannten Unmanned Aerial Systems (UAS), haben die ILA-Betreiber erneut einen eigenen Ausstellungsbereich - die "UAS-Plaza" - reserviert (german-foreign-policy.com berichtete [8]). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass es sich bei unbemannten Fluggeräten um den "global am schnellsten und stärksten wachsende(n) Bereich in der Luft- und Raumfahrt" handele: "Einer aktuellen Studie zufolge haben militärische UAS allein bei den NATO-Mitgliedsstaaten bis 2021 ein Marktpotenzial von 130 Milliarden US-Dollar."[9]
"Sicherheitpolitik" im Weltraum
Neben dem Verkauf von Waffensystemen aller Art wollen die ILA-Veranstalter nach eigener Darstellung insbesondere den "Dialog" zwischen Militärs, Rüstungsindustriellen, Politikern und Staatsbediensteten beflügeln.[10] Entsprechende "Fachveranstaltungen" seien ein "Alleinstellungsmerkmal" der Exposition, heißt es.[11] Vorgesehen ist unter anderem ein Diskussionsforum über die "gesamtstaatliche Relevanz der Weltraumnutzung", das sich explizit an die "Entscheider-Ebene aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft" richtet. Wie der Veranstaltungsankündigung von BDLI und Bundesverteidigungsministerium zu entnehmen ist, geht es dabei vor allem darum, den Teilnehmern die Notwendigkeit eines "gesicherten Zugriff(s) auf funktionierende Weltrauminfrastruktur" zu verdeutlichen: "Weltraumsysteme für Kommunikation, Erdbeobachtung und Navigation leisten einen entscheidenden Beitrag für Deutschlands außen- und sicherheitspolitische Urteils- und Handlungsfähigkeit".[12] Eine weitere Konferenz unter der Ägide des "Kommandos Luftwaffe" der Bundeswehr ist offenbar dazu gedacht, die öffentliche Akzeptanz für den Einsatz von Kampfdrohnen zu erhöhen. Neben anderen Parlamentariern ist auch die als militärkritisch bekannte friedenspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Christine Buchholz, geladen. Das Thema lautet: "Operationelle Fähigkeiten und ethische Implikationen beim Einsatz von ferngesteuerten Luftfahrzeugen".[13]
Strategischer Partner
Offizielles "Partnerland" der diesjährigen ILA ist die Türkei. Seiner Freude hierüber verlieh der Vorstandsvorsitzende von Airbus Defence and Space und Präsident des BDLI, Bernhard Gerwert, unlängst öffentlich Ausdruck. In einer Pressemitteilung bezeichnete er den NATO-Mitgliedsstaat nicht nur als einen der "großen Wachstumsmärkte für den Luftverkehr", sondern darüber hinaus als "strategische(n) Partner" der deutschen Wirtschaft: "In der zivilen und der militärischen Luftfahrtindustrie bestehen zwischen türkischen und deutschen sowie europäischen Unternehmen bereits seit geraumer Zeit erfolgreiche Kooperationsprojekte." Von vermeintlich "zivilen Projekten" war in der Presseerklärung indes kaum die Rede; ausführlich vorgestellt wurden vielmehr türkische Rüstungsfirmen, die sich als Hersteller von Drohnen, Kampfhubschraubern und Raketen oder als Zulieferer deutsch-europäischer Waffenschmieden einen Namen gemacht haben. Über das Unternehmen "Roketsan" etwa hieß es, dessen "Flugkörpersysteme" seien hervorragend geeignet, die "Präzision und Genauigkeit für Luft-Boden- und Boden-Boden-Einsätze" deutlich zu "verbessern".[14]
Patriots in Berlin
Der Propagierung der deutsch-türkischen Waffenbrüderschaft trägt auf der ILA auch die Bundeswehr Rechnung: Sie zeigt das Flugabwehrsystem "Patriot", das die deutschen Streitkräfte an der türkisch-syrischen Grenze stationiert haben, um dem NATO-Partner Türkei für den Fall eines direkten Angriffs auf Syrien Rückendeckung zu geben.
[1], [2] ILA 2014 in Berlin: Bundeswehr größter Aussteller. www.bundeswehr.de 23.04.2014.
[3] Mein Beruf: Der Co-Pilot. www.bundeswehr.de 22.04.2014.
[4] Mein Beruf: Der Fluggerätemechaniker. www.bundeswehr.de 16.04.2014.
[5] Siehe hierzu Treffpunkt Bundeswehr.
[6] Fachkräftemangel ist in der Luft-und Raumfahrt ein brennendes Thema. Hier setzt auch 2014 wieder das ILA CareerCenter an. www.ila-berlin.de.
[7] ILA 2014: Internationales 'Gipfeltreffen' für Sicherheit und Verteidigung. www.ila-berlin.de.
[8] Siehe hierzu Dynamischstes Segment.
[9] Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie/Messe Berlin GmbH: UAS: New dimensions in diversity. ILA Unmanned Aircraft Systems. Berlin 2013.
[10] ILA 2014: Internationales 'Gipfeltreffen' für Sicherheit und Verteidigung. www.ila-berlin.de.
[11] Entscheidungsträger, Delegationen und Fachbesucher. www.ila-berlin.de.
[12] Konferenzen ILA 2014: Gesamtstaatliche Relevanz der Weltraumnutzung - Sachstand und Perspektiven. www.ila-berlin.de.
[13] ILA Berlin Air Show/Kommando Luftwaffe: Symposium "Ferngesteuerte Luftfahrzeuge - Herausforderungen für die Zukunft". 22.05.2014, 14:00-17:00 Uhr. www.ila-berlin.de.
[14] Die Republik Türkei ist Partnerland der ILA Berlin Air Show 2014. www.ila-berlin.de 19.03.2014