Atomreaktor: Störfall jahrzehntelang vertuscht

Erstveröffentlicht: 
26.04.2014

Köln – Im Versuchsreaktor Jülich kam es 1978 zu einem Störfall, der damals als wenig gefährlich eingeordnet wurde. Experten kamen jetzt zum Schluss, dass die wahre Gefahr mehrere Jahrzehnte lang heruntergespielt und vertuscht wurde.


Genau 28 Jahre nach der Nuklearkatastrophe im Kernkraftwerk Tschernobyl ist jetzt bekannt geworden, dass ein schwerer Störfall des Atom-Versuchsreaktors in Jülich über Jahrzehnte vertuscht wurde. Zu diesem Ergebnis kommt eine Expertenkommission, die vom Forschungszentrum Jülich eingesetzt wurde, um die Vergangenheit des ehemaligen Versuchsreaktors aufzuarbeiten. Der Dampferzeuger-Störfall von 1978 stellte eine hochgefährliche Situation dar und wurde nach Ansicht der Kommission heruntergespielt. Damals waren 27000 Liter Wasser durch ein Leck in den Reaktorkern gelangt. Das wurde erst möglich, weil Mitarbeiter der Forschungseinrichtung einen Sicherheitsschalter manipuliert hatten.

Radioaktiv verseuchtes Grundwasser

Der Vorfall wurde damals in die niedrigste Zwischenfallkategorie eingeordnet, obwohl er laut Expertengruppe der zweithöchsten oder höchsten Meldekategorie (A) hätte zugewiesen werden müssen: als „sicherheitstechnisch unmittelbar signifikanter Störfall“. Die Kommission deckte zahlreiche weitere Mängel beim Betrieb des Versuchsreaktors auf. So konnte die Temperatur im Reaktorkern nie richtig kontrolliert werden, was dazu führte, dass der Kern stark radioaktiv verseucht wurde. Außerdem gelangte radioaktiv verseuchtes Wasser ins Grundwasser. Mit dem Jülicher Hochtemperaturreaktor versuchte die deutsche Forschung in den 70er Jahren ein eigenes Reaktorkonzept an den Markt zu bringen. 1988 wurde der Jülicher Reaktor wegen zahlreicher technischer Mängel endgültig abgeschaltet. (ksta)