Weit vernetzte Szene

Erstveröffentlicht: 
02.04.2014

Als erstes Bundesland hat Bayern seinen Verfassungsschutzbericht für 2013 vorgestellt. Das rechtsextreme Personenspektrum ist zahlenmäßig gleich geblieben, knapp die Hälfte davon gilt als gewaltbereit.

 

Von Anton Maegerle

 

Im Fokus des bayerischen Verfassungsschutzes stehen 2200 Rechtsextremisten, davon werden rund 1000 als  gewaltbereit eingestuft. Dem aktuellen Verfassungsschutz zufolge, der Ende März vorgestellt wurde, hat sich 2013 die Zahl rechtsextreme Straftaten mit 1677 Vorfällen (2012: 1759) zwar verringert, darunter fallen allerdings ein Tötungsdelikt und wie im Vorjahr 62 Körperverletzungen.

Die mitgliederstärkste Vereinigung im Freistaat bildet nach wie vor die NPD mit 850 Mitgliedern. Der sieben Bezirks- und 33 Kreisverbände umfassende NPD-Landesverband wird seit November 2012 von Karl Richter, NPD-Bundesvize und Stadtrat der Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA-München), angeführt. An der Spitze des 2013 gegründeten Landesverbandes der NPD-Unterorganisation Ring Nationaler Frauen (RNF) steht Julia Leder. Mit der stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden Sigrid Schüßler trat die NPD bei der Landtagswahl am 15. September erstmals mit einer Frau als Spitzenkandidatin an. Die NPD erzielte lediglich 0,6 Prozent (2008: 1,2 Prozent).

 

Durchsuchungsaktion gegen „Freies Netz Süd“

Wie im Jahr 2012 wird die Zahl der Neonazis im Freistaat mit 700 beziffert. Sie gehören unter anderem Gruppierungen wie den „Freien Nationalisten Hof“ um Tony Gentsch,  der „Kameradschaft Main-Spessart“ um Matthias Bauerfeind, dem „Bund Frankenland e.V.“ um Uwe Meenen, dem „Nationalen Bündnis Niederbayern“ um Walter Strohmeier, der „Division Franken“ um Sven Diem oder dem „Aktionsbund Freising“ um Dirk Reifenstein und Dominik Hering an. Neonazistische Tarnorganisationen sind auch so genannte „Bürgerinitiativen“ wie die„Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA-Augsburg), die„Bürgerinitiative Soziales Fürth“ oder der „Bürgerinitiative Soziale Alternative Oberpfalz“ (BiSAO).

Am 10. Juli fand in Bayern „die größte auf das Vereinsgesetz gestützte Durchsuchungsaktion“   gegen Angehörige des 2008 gegründeten Neonazi-Netzwerkes „Freies Netz Süd“ (FNS) statt. Landesweit wurden 73 Objekte von FNS-Mitgliedern durchsucht, vereinzelt dabei auch Waffen beschlagnahmt. Das FNS um Matthias Fischer und Norman Kempken steht im Verdacht, die „verfassungsfeindlichen Bestrebungen“ der 2004 wegen Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus verbotenen „Fränkischen Aktionsfront“ (F.A.F.) fortgeführt zu haben. „Zahlreiche Aktivisten“ der FNS-Führungsriege haben sich zwischenzeitlich der 2013 in Baden-Württemberg ins Leben gerufenen Partei Der Dritte Weg angeschlossen.

 

Größtes Neonazi-Konzert in Scheinfeld

Nach wie vor ist rechtsextreme Musik ein „wesentliches Eintrittstor“ in die braune Szene, konstatieren die bayerischen Verfassungsschützer. Namentlich erwähnt werden die Bands „Burning Hate“ (Oberfranken), „White rebel boys“ (Raum Hof), „Codex Frei“ (Raum Kempten), „Faustrecht“ (Raum Mindelheim), „Feldherren“ (Raum München), „MPU“ (Raum Hof), „National born haters“ (Neu-Ulm), „Southern white punks“ (Großraum Augsburg), „Sturmtrupp“ (Neuburg a.d. Donau) und „Untergrundwehr“ (Würzburg). Mit rund 1000 Teilnehmern fand am 12. Oktober in Scheinfeld (Landkreis Neustadt a.d. Aisch-Bad Windsheim) das seit Jahren größte Neonazi-Konzert in Bayern statt. Organisator war der NPD-Funktionär Patrick Schröder. Schröder betreibt das Internetradio „Radio FSN“ (Frei-Sozial-National) und das Internet-TV „FSN-TV“.

Als einschlägige Vertriebe und Versandhandel sind im Verfassungsschutzbericht unter andrem aufgeführt: „Final resistance“ (Matthias Fischer, Tony Gentsch), „Ansgar Aryan“ (Patrick Schröder), „Versand der Bewegung“ (Matthias Polt), „Patria-Versand“ (Franz Glasauer), „Wikinger-Versand“ (Siegfried Birl), „Tradition und Moderne“ (Stefan Friedmann), „Oldschool Records“ (Benjamin Einsiedler), „Schwarze Sonne Versand“ (Alexander Feyen), „DIM Records“ (Ulrich Großmann), und „Last Resort Store“ (Dominik Wensauer).

 

Stützpunkt der „Europäischen Aktion“

Seit 2012 betreibt die Holocaust-leugnende „Europäische Aktion“ einen Stützpunkt in München/Oberbayern. Dem Vorstand des rechtsextremen Umweltvereins „Midgard e.V. gehören überwiegend ehemalige beziehungsweise noch aktive NPD-Mitglieder an. Namentlich erwähnt wird auch die „Legion Werwolf Bayern“. Deren „Präsident“ Harald Frank war Betreiber des zwischenzeitlich offline gegangenen Szene-Versandhandels „Bloodline Streetware“. Über seinen Versand hatte Frank unter anderem T-Shirts mit Aufdrucken wie „Nichtjude“ angeboten. Im November wurde der 31-Jährige wegen des dringenden Verdachts der Volksverhetzung verhaftet.

Wie mehrfach in den vergangenen Jahren wird die Aktivitas der Münchner Burschenschaft Danubia im Kapitel Rechtsextremismus dargestellt. Diese agitiere „revisionistisch“ und propagiere „einen übersteigerten Nationalismus im völkischen Sinne“, heißt es. Erwähnung finden auch die von der Aktivitas maßgeblich ausgerichteten „Bogenhausener Gespräche“.

Zwei rechtsextreme Verlage von bundesweiter Bedeutung haben ihren Sitz in Bayern. Der Druckschriften- und Zeitungsverlag GmbH (DSZ, München) wird als vormals das „bedeutendste“ rechtsextreme „Propagandainstrument in Deutschland“ charakterisiert. Zum Verlagsprogramm der  VGB-Verlagsgesellschaft Berg GmbH (Gilching, Landkreis Starnberg) gehören unter anderem die Zeitschrift „Deutsche Geschichte“ und das Jahrbuch „Deutsche Annalen“.