Demo unter massivem Polizeischutz

Vom Marktplatz kommt die Demo noch ohne Hindernisse los. Kurz darauf wird sie durch eine Blockade gestoppt. Foto: Heinz Heiss
Erstveröffentlicht: 
07.04.2014

Bildungsplan. Die Kritiker des Entwurfs der grün-roten Landesregierung, das Thema sexuelle Vielfalt im Unterricht zu behandeln, rufen bei ihrer dritten Kundgebung erneut Gegendemonstranten auf den Plan. 65 Personen kommen in Polizeigewahrsam. Von Christine Bilger

 

Zum dritten Mal sind am Samstag Gegner des Bildungsplanenwurfs 2015 der grün-roten Landesregierung durch die Innenstadt gezogen. Wieder traten die Inhalte der Demonstrierenden ebenso wie die Botschaften der Gegendemonstranten in den Hintergrund. Denn was die Passanten mitbekamen, war erneut der massive Polizeieinsatz zum Schutz der Kundgebung und die Versuche der Gegendemonstranten, den Demozug aufzuhalten. Am Ende kam die sogenannte 'Demo für alle', organisiert von der Initiative Familienschutz, mit Verspätung vor der Staatsoper zur Abschlusskundgebung an, weil sich ihr mehrfach Blockierer in den Weg gestellt hatten. Die Bilanz der Polizei: 65 Personen wurden in Gewahrsam genommen, zehn Personen aus dem linken Spektrum waren bereits vor Beginn der Kundgebungen festgenommen worden, weil sie bei der vergangenen Demonstration am 1. März die Veranstaltung der Bildungsplangegner gestört haben sollen. Schon vor Beginn der 'Demo für alle' auf dem Marktplatz war klar, dass die Polizei mit rund 500 Beamten alles daran setzen würde, die Bildungsplangegner und die Gegendemonstranten voneinander fernzuhalten. Bei den zurückliegenden Veranstaltungen war es immer wieder zu Auseinandersetzungen am Rande der Demo gekommen, deren Teilnehmer sich daran stören, dass das Thema sexuelle Vielfalt in den Bildungsplan aufgenommen werden soll. Der Marktplatz wurde am Samstag regelrecht abgeriegelt - was einigen Einzelhändlern missfiel 'Wir haben Einkäufer durchgelassen', sagte der Polizeisprecher Stefan Keilbach. Für eine kurze Zeit sei aber niemand auf den Platz gelassen worden, als gegen 15 Uhr auf dem Schiller- und dem Stauffenbergplatz rund 150 Vertreter linker Gruppierungen demonstrierten.

Als der Demozug auf dem Marktplatz startete, sah es zunächst aus, als würde das massive Polizeiaufgebot den Weg frei halten können. An der Kreuzung Stein-/Tor-/Eberhardstraße blockierte dann aber eine Gruppe den Weg. Die Polizei lenkte die Demo um. Weil die Blockierer hartnäckig blieben, wurden 55 Personen gegen 15.45 Uhr in Gewahrsam genommen. Die Demo blieb in der Rotebühlstraße erneut stecken, weil sich wieder Gegendemonstranten in den Weg stellten. Die Polizei räumte und nahm zehn weitere Personen fest.

Unter Protestgesängen zog die 'Demo für alle', an der laut Polizei rund 600 Personen teilnahmen, zur Staatsoper. Dort, in Sichtweite des Landtages, wurden zwei Grußworte aus der Landespolitik verlesen. Die Fraktionschefs Peter Hauk (CDU) und Hans-Ulrich Rülke (FDP) ließen grüßen - beide waren auf Parteitagen und ließen verkünden, sie hätten deshalb nicht kommen können. Von beiden gab es harsche Kritik am Entwurf für den Bildungsplan. Wegen der Grußworte der Oppositionsführer hagelte es Kritik aus den Regierungsparteien. 'Der Protest driftet nach rechts-außen ab - es handelt sich längst nicht mehr um lediglich ,besorgte Eltern', sondern um eine gefährliche Allianz aus christlich-konservativen und rechten Gruppen', kommentierten die Landtagsabgeordnete Brigitte Lösch und die Kreisvorsitzende Petra Rühle von den Grünen. Peter Hauk und Hans-Ulrich Rülke sollten ihre Beteiligung 'überdenken', rieten sie. 'Hauk und Rülke machen gemeinsame Sache mit rechtsextremen Gruppierungen', sagte der Grünen-Landesvorsitzende Oliver Hildebrand. Die SPD-Generalsekretärin Katja Mast nannte Hauks Grußwort 'unangemessen und schmuddelig' und warf dem Christdemokraten vor, 'am rechten Rand' nach Stimmen zu fischen. Auch auf der Synode des evangelischen Kirchenkreises Stuttgart spielte das Thema eine Rolle. Stadtdekan Søren Schwesig kritisierte, die Kirche werde 'in die homofeindliche Ecke' gestellt. Die Kritik der Kirche am Bildungsplan habe aber ganz andere Gründe. In der Kirche werde niemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung diskriminiert.