Aufstand in griechischen Gefängnissen?

Erstveröffentlicht: 
29.03.2014

Ein Häftling starb an Misshandlungen durch Beamte. Er hatte zuvor einen Wachoffizier erstochen. Die Gefängnisse sind in Aufruhr

 

Häftling, tot in seiner Zelle aufgefunden. Mit dieser Schlagzeile begann für die Griechen der Freitagmorgen. Es handelte sich nicht um einen gewöhnlichen Gefangenen. Es handelte sich um den gebürtigen Albaner Ilias Kareli. Der 42-Jährige hatte wenige Tage vorher, am 25.3., dem Nationalfeiertag der griechischen Befreiung, im Gefängnis von Agrinio den Wachoffizier Georgios Tsironis mit einem selbst gebastelten Messer erdolcht. Kareli war erst am Donnerstag von Agrinio zur Haftanstalt Nigrita bei Serres verlegt worden. Dort sperrte man ihn bei Kameraüberwachung in eine Einzelzelle. Bis zu seinem Tod beherrschten Schlagzeilen über sein Opfer, den zweifachen Familienvater Tsironis, die Schlagzeilen.

 

Bekannt wurde der Tod am Freitagmorgen, festgestellt wurde er jedoch bereits in der Nacht vom Donnerstag auf Freitag. Bereits Donnerstagmittag tauchten bei der griechischen Indymediaseite und über weitere Kanäle des Internets Gerüchte auf, dass der Gefangenentransport mit Kareli an der Autobahn in Höhe der Stadt Lamia gestoppt habe und dass Kareli dort von den Beamten aufs Übelste zusammengeschlagen worden sei.

 

Die erste Stellungnahme der griechischen Behörden am Freitagmorgen erklärte Karelis Tod jedoch zu einem vollkommen unverdächtigen Vorgang. Der Häftling habe, so hieß es, in seinem Bett gelegen und sei ständig von der Kamera überwacht worden. "Natürliche Todesursache" - hieß es zunächst.

 

Die Leiche wurde obduziert und schnell war klar, dass der von blauen Flecken übersäte Verstorbene geschlagen worden war. Die Gerichtsmediziner stellten zahlreiche Knochenbrüche am gesamten Körper und den Extremitäten fest. Den Tod schrieben sie einem gebrochenen Brustbein und der daraus resultierenden Beeinträchtigung des Herzens zu. Zudem entdeckten sie Verbrennungen, welche sie einer möglichten Traktierung durch Elektroschocks zuschreiben. Das Ministerium für Justiz sah sich gezwungen, eine amtliche Untersuchung der Umstände des Todes von Kareli einzuleiten. Die Beamten der Haftanstalt Nigrita verkündeten umgehend, sie hätten Kareli mit Blutergüssen übersät erhalten. Jedoch habe es ihrer Meinung nach zu keinem Zeitpunkt so ausgesehen, dass der Mann schwer verletzt sei.

 

Noch am Freitagabend wurde Karelis Tod bei einer Demonstration in Athen thematisiert. Noch offen ist, ob die übrigen Häftlinge in Griechenlands Gefängnissen ihre Drohung wahr machen. Von einem Aufstand ist die Rede.

 

Denn außer dem Fall Kareli haben sie noch weitere Anliegen. Sie wehren sich gegen die untragbaren sanitären Bedingungen in den Haftanstalten. Die Gefängniskrankenhäuser sind ebenso wie die Anstalten selbst hoffnungslos überbelegt, so dass sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit jeder dort eingelieferte Insasse mit Tuberkulose, Hepatitis oder weiteren Krankheiten ansteckt. Es fehlt an Medikamenten und ärztlicher Versorgung. Unter diesen Rahmenbedingungen möchte das Ministerium die Haftbedingungen sogar noch verschärfen. Vor allem die unter früheren, liberaleren Regierungen eingeführten Hafturlaube sind der Administration Antonis Samaras ein Dorn im Auge. Und genau wegen eines versagten Hafturlaubs stach Kareli auf seinen Wächter ein.

 

Wörtlich begründete er seine Tat so: "Habt Ihr nicht genug von meinem Leben gehabt? Seit 1997 sitze ich ein. Warum habt Ihr mich nicht meine Mutter noch einmal lebend sehen lassen? Warum konnte ich keine Familie gründen? Nun muss ich zwangsweise eins eurer Leben nehmen…"

 

Kareli war 1997 zum ersten Mal zu einer Haftstrafe wegen Diebstahls, damals für 16 Jahre, verurteilt worden. Im Mai 2006 auf Bewährung entlassen gelangte er wenige Monate später, im März 2007, wieder vor den Kadi, weil er mit einer Glasscherbe bewaffnet zwei Senioren ausrauben wollte. Dies wurde als Mordversuch gewertet - der Richterspruch schickte ihn lebenslang hinter Gitter. Zudem wurden ihm weitere acht Jahre wegen Drogenhandels aufgebrummt. Vor seiner Mordtat hatte er mehrfach versucht, einen kurzen Hafturlaub für den Besuch seiner todkranken Mutter zu erhalten.

 

Wassilis Aswestopoulos