Ribnitz-Damgarten: Verurteilt zum Arbeitsdienst

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An­zei­ge des NPD-​Lan­des­ver­ban­des Meck­len­burg-​Vor­pom­merns wegen eines ab­ge­ris­se­nen Wahl­pla­ka­tes führt zu 10 So­zi­al­stun­den.

 

Ein Sach­scha­den von 25 € soll ent­stan­den sein, als An­dre­as Ben Klein­schmidt ein Wahl­pla­kat der NPD von einer La­ter­ne ge­nom­men habe. Wegen die­ser an­geb­li­chen 25 € bekam er, nach einer Vor­la­dung der Po­li­zei und einer er­ken­nungs­dienst­li­chen Be­hand­lung, einen Straf­be­fehl von 10 Ta­ges­sät­zen zu je 15 Euro. Er legte Wi­der­spruch ein und bekam sei­nen Pro­zess am 24. April 2012. Vor dem Amts­ge­richt Rib­nitz-​Dam­gar­ten traf er sich mit dem Na­tio­na­len Be­ob­ach­ter J. Brandt alias „Hum­mel“, sowie dem Staats­an­walt und dem Rich­ter. In freu­di­ger Er­war­tung auf das Ver­fah­ren kamen auch ein paar Zu­ge­reis­te aus un­ter­schied­li­chen Rich­tun­gen und woll­ten dem Pro­zess bei­woh­nen.

 

Der Be­schul­dig­te stell­te als ers­tes einen An­trag auf ver­ständ­li­che Spra­che. Das Pu­bli­kum würde sonst trotz der phy­si­schen An­we­sen­heit die „Ge­heim­spra­che“ der Ju­ris­te­rei nicht ver­ste­hen und dem Pro­zess nicht fol­gen kön­nen. Der Rich­ter nahm die­sen An­trag an, wenn auch mit einem wi­der­wil­li­gen Grin­sen im Ge­sicht. Fort­ge­fah­ren wurde mit einer Ein­schät­zung des geis­ti­gen Al­ters des Be­schul­dig­ten. Wieso der Rich­ter das am An­fang des Ver­fah­rens ver­such­te, sei da­hin­ge­stellt, denn die wirk­li­che Reife eines Men­schen kann er höchs­tens am Ende der Ver­hand­lung, nach dem der An­ge­klag­te schon des Öf­te­ren zu Wort ge­kom­men wäre, fest­stel­len. Der Rich­ter woll­te von Ben wis­sen, aus wel­chem Grund er denn Jura stu­die­re, wie lange das Stu­di­um noch daue­re und was er spä­ter ma­chen wolle. Ben ant­wor­te­te kurz und bün­dig und der Rich­ter gab sich zu­frie­den.

 

Fort­ge­fah­ren wurde mit dem Zeu­gen J. Brandt. Nach dem üb­li­chen ju­ris­ti­schen Ab­lauf, be­gann er mit sei­ner Aus­sa­ge. Er hätte ge­se­hen, wie Ben in der Lan­gen Stra­ße in Rib­nitz gegen 18 Uhr ein Pla­kat ab­ge­ris­sen hätte. Zudem lagen wohl meh­re­re Pla­ka­te auf dem Bür­ger­steig. Aus der Be­weis­auf­nah­me der Po­li­zei ist je­doch zu ent­neh­men, dass es le­dig­lich ein Pla­kat war, wel­ches auf der Stra­ße lag. Der Rich­ter frag­te, warum er um­ge­hend die Po­li­zei rief. Der Zeuge ant­wor­te­te, dass es für ihn nor­mal sei, bei einer Straf­tat gleich die Po­li­zei zu rufen. Auch wenn in sei­ner Un­ter­lip­pe zu­min­dest zu ver­gan­ge­ner Zeit ein­mal „ACAB“ tä­to­wiert war.

 

Zu der vor­he­ri­gen Wahl im Sep­tem­ber 2011 gab es auch einen klei­nen Bonus der NPD für die Be­ob­ach­te­rIn­nen der Pla­kat­zer­stö­re­rIn­nen. Auf Nach­fra­ge von Ben ver­nein­te Hum­mel die In­an­spruch­nah­me des Gel­des. Der Zeuge ver­strick­te sich ab und an in Wi­der­sprü­che, wurde dann aus dem Zeu­gen­stand ent­las­sen und ver­ließ flucht­ar­tig den Raum.

 

Ben be­nann­te eine Zeu­gin, die ihn an die­sem Tag und sogar zu der an­nä­hern­den Tat­zeit ge­spro­chen hat und das in der Nähe des Stadt­kul­tur­hau­ses. Nun war der Rich­ter nicht Orts­kun­dig und kann­te wohl nur den Bahn­hof und das Amts­ge­richt der Stadt und konn­te die Ent­fer­nung nicht ein­schät­zen. Einen dar­auf­hin ein­ge­reich­ten Be­weis­an­trag von Ben zur Orts­be­ge­hung lehn­te der Rich­ter ab. Auch die SPD Po­li­ti­ke­rin ver­ließ den Zeu­gen­stand, nahm je­doch bei den gut 15 Zu­schaue­rIn­nen Platz. Im wei­te­ren Ver­lauf der Ver­hand­lung er­mahn­te der Rich­ter Ben, sich in Zu­kunft bei einer sol­chen Tat nicht er­wi­schen zu las­sen. Den Rich­ter stö­ren die ge­sam­ten Wahl­pla­ka­te der Par­tei­en zur Wahl ja auch. Sei­net­we­gen könne mensch das Geld auch bes­ser ein­set­zen ( wobei er na­tür­lich nicht gen­der­te). Der Rich­ter wand­te sich dann di­rekt an die noch im Saal ver­blie­ben­de Zeu­gin und ließ sei­nem Unmut über die Wahl­pla­ka­te frei­en Lauf. Er griff sie förm­lich an und beug­te sich weit über sein Pult hin­über. Als diese das Ge­gen­ar­gu­ment her­vor­brach­te, dass ei­ni­ge der Wäh­le­rIn­nen sonst däch­ten, dass sich nicht um sie ge­küm­mert würde, brach der Rich­ter die­ses Ge­spräch mit dem Ar­gu­ment ab, es sei keine Dis­kus­si­ons­run­de. Der so ge­se­he­nen „neuen An­ge­klag­ten“ wurde kaum ein Raum für eine Stel­lung­nah­me ge­ge­ben.

 

Der Rich­ter frag­te nun Ben, ob er auch an einer Ein­stel­lung des Ver­fah­rens in­ter­es­siert sei. Er er­wi­der­ter, dass für ihn ein Frei­spruch eher in Frage kom­men würde. Die Staats­an­walt­schaft woll­te die­sen je­doch ver­hin­dern und Ben we­nigs­tens zu Ab­leis­tung von So­zi­al­stun­den zwin­gen. In An­be­tracht der ihm sonst auf­er­leg­ten Stra­fe und den Pro­zess­kos­ten stimm­te Ben dies­mal wi­der­wil­lig zu. Einen klei­nen Teil­er­folg konn­te der hier un­ver­tei­dig­te er­zie­len. Auch wenn er die 10 So­zi­al­stun­den in einem Rib­nit­zer Ver­ein ab­leis­ten möch­te und die An- & Ab­fahrt aus Leip­zig die glei­che Zeit in An­spruch neh­men wird.

 

Diese Re­pres­si­on hat dies­mal nicht so ge­wirkt, wie so wohl ei­gent­lich soll­te. Den­noch war allen An­we­sen­den klar, dass die­ses Ur­teil eins der vie­len ist, wel­ches wohl nur schwer nach­voll­zieh­bar ist. Zu hal­ten ist sich trotz dem dran – und der Rich­ter wird auch mor­gen wie­der seine Ur­tei­le ver­kün­den.

 

Bild: 182 tote Grün­de für das NPD Ver­bot – dann gäb´s auch ihre Pap­pen nicht mehr!

 

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